Thema von winni im Forum Fotos, Berichte und To...
Der September hatte begonnen und damit im nördlichen Schweden die sonnige, trockene und kühl temperierte Periode, also die Wanderzeit, jedenfalls nach meiner bisherigen Erfahrung. Also beschloss ich, den letzten mir noch unbekannten Teil des nördlichen und südlichen Kungsleden anzuschauen.
Gleich vier Dinge waren diesmal anders bei den Vorbereitungen als bei meinen bisherigen Wanderungen: 1.) die An- und Abreise, 2.) die Wander-Richtung, 3.) das Schuhwerk und 4.) der Zustand meiner Füße.
Zu 1).: Da ich keine Lust mehr auf das Bahnfahren mit stundenlangen Verspätungen hatte, bin ich kurzerhand mal mit SAS nach Luleå geflogen und zurück ging es nach zwei Wochen mit Norwegian von Umeå aus.
Zu 2).: Normalerweise wandere ich von Süd nach Nord, hauptsächlich deswegen, damit ich die Sonne und meistens auch den Wind im Rücken habe. Diesmal habe ich es aus logistischen Gründen leider umgekehrt gemacht und das hat sich auch prompt gerächt: ich wurde oft von der Sonne geblendet und das war ein großes Handikap.
Zu 3).: Ich habe endlich mal ganz auf die unbequemen Wanderstiefel verzichtet. Statt den schon mal positiv erwähnten Sandalen nahm ich aber ganz leichte, luftige und ausgelatschte Freizeitschuhe mit, zumal die mit 600 Gramm noch etwas leichter waren als meine Sandalen. Um trotzdem trockene Füße zu behalten, nahm ich für alle Fälle sehr lange “Hunter“-Gummistiefel mit, welche aber immerhin 2,2 kg wogen. Es zeigte sich sogar, dass dies die richtige Entscheidung war, denn die ersten zwei Drittel des Weges wiesen so tiefe und ausgedehnte Schlammlöcher auf, dass selbst mit Wanderstiefeln die Füße nass geworden wären. So aber konnte ich es mit jedem Schlammloch aufnehmen. Da es aber so viele feuchte Wegstellen gab, habe ich etwa die Hälfte des ganzen Weges mit Gummistiefeln zurücklegen müssen. Na, wenigstens war dann der Rucksack leichter.
Zu 4).: Da meine Füße eine Fehlkonstruktion sind, habe ich nach jeder langen Wanderung als Erinnerung mehr oder weniger lange und unterschiedliche Fußmalaisen davongetragen. Diesmal aber hatte ich schon vor Beginn der Wanderung ein Problem: ein schmerzhafter Fersensporn im linken Fuß. Davon wollte ich mich aber nicht abschrecken lassen.
Die sonstige Ausrüstung war wie im letzten Jahr, siehe den Bericht “Meine Wanderung von Kvikkjokk nach Abisko“.
Zu dem Weg allgemein:
Er führt durch sehr schöne und abwechslungsreiche Landschaft. Er ist sehr, sehr lang. Ich bin wohl fast 300 km gelaufen in den 12 Tagen. Und es geht meist ’rauf und ’runter und links und rechts. Die Strecke zwischen Kvikkjokk und Ammarnäs ist außerdem sehr einsam, ich habe dort kaum einen Wanderer getroffen. Das mag auch daran liegen, dass diese Strecke keine bewirtschafteten Fjällstugans hat und man unbedingt ein Zelt mitschleppen muss. Andererseits kommt man immerhin durch kleine Ortschaften, wo man auch seinen Proviant ergänzen kann. Wegen der wenigen Wanderer ist dieser Weg auch nicht halb so schlimm ausgetreten wie der nördliche Teil von Kvikkjokk nach Abisko, welchen ich im letzten Jahr erleben durfte. Zur Vitaminversorgung gab es wieder sehr häufig Blaubeeren.
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So geht es nun los am 1. September in Berlin mit einem abendlichen Flug nach Stockholm und von dort mit einem weiteren Flug nach Luleå, wo ich um Mitternacht samt Rucksack ankomme. Es ist schon ein besonderes Gefühl, ’mal nach wenigen Stunden von der Heimat in den Norden Schwedens zu gelangen – das kannte ich noch nicht. Da es mit dem Bus erst am nächsten Morgen weiter geht, laufe ich vom Flughafen in die Stadt und mache eine nächtliche Besichtigung, zumal ich hier noch nie war. Leider macht nicht nur der Flughafen nachts dicht, sondern auch der Warteraum beim Bahnhof und beim Busbahnhof bleiben bis etwa 6 Uhr morgens geschlossen. So wird es eine kalte Nacht in Luleå und am Morgen schmerzt mein linker Fuß mit dem Fersensporn so stark, dass wohl manch anderer auf der Ferse kehrt gemacht hätte und wieder nach Hause gefahren wäre. Ich lief nämlich durch die Stadt mit dem gut 21 kg schweren Rucksack und ohne die Trekkingstöcke, welche mir sonst eine große Hilfe sind.
Um 9 Uhr 30 geht es dann aber trotzdem weiter mit dem Bus nach Jokkmokk. Ich sitze ganz alleine oben im Doppeldecker-Bus und genieße die tolle Aussicht auf die Landschaft, welche nach einiger Entfernung von Luleå sehr schön wird. Das erste Foto zeigt den Bus in Jokkmokk.
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Mit einem anderen Bus, welcher leider nur einmal pro Tag hier in diese Richtung fährt, wird die Fahrt nun auch zu einem kleinen Abenteuer, denn dieser Bus ist hauptsächlich dann Schulbus und auch Postbus und macht Abstecher über schmale Erdstraßen zu den kleinsten Liegenschaften, welche nahe der Hauptstrecke liegen. Aber um kurz vor 6 Uhr (die Busse sind in Schweden im Gegensatz zur Bahn sehr pünktlich) bin ich und einige wenige Mitreisende in Kvikkjokk, wo auch schon der Bootsführer auf uns wartet. Der ist etwas enttäuscht, dass nur ich noch weiter und über den Sakkat-See will, aber lehnt es keineswegs ab, mit mir alleine gleich loszufahren. Er fährt dann sogar ein paar Umwege und zeigt mir die Besonderheiten der Umgebung, siehe Fotos 2 bis 4. Als erstes steuert er die Mündung des Flusses Gamajåhkå mit seinen Stromschnellen an und lässt seinen Motor ein paar Sekunden gegen die starke Strömung ankämpfen.
Auf der anderen Seite des Sees in Mallenjarka geht der Kungsleden weiter und dort landen wir an einem langen Bootssteg. Der Bootsführer erhält für seine Extratour von mir einen kleinen Zuschlag zum Fahrpreis, worüber er sich sehr freut. Ich beginne den ersten Aufstieg aus dem Tal heraus und errichte gegen 20 Uhr mein erstes Nachtlager an diesem Nordhang. Die starken Schmerzen vom Fersensporn waren während der langen Busfahrt auf rätselhafte Weise verschwunden, na bitte! Es gibt trotz der kalten Witterung in diesem Septemberanfang erstaunlicherweise noch einige Mücken und viele kleine Fliegen. Das bleibt so während der ganzen Wanderung, solange man nicht oben auf dem Fjäll ist.
Am nächsten Tag wird es ein langer Aufstieg bei praller Sonne und es geht über höchstens 750 Meter Höhe nach Süden. Ich beschließe aus leidvoller Erfahrung, es diesmal langsam angehen zu lassen und am ersten Tag nicht zuviel zu laufen. Als ich dann am späten Nachmittag den Windschutz am Fluss Tsielejåhkå erreiche, sehe ich ein nettes Biwak-Plätzchen am Fluss und lasse mich dort für die zweite Nacht nieder. Hier sehe ich auch die erste große Hängebrücke, von denen es sehr viele auf dem Weg nach Hemavan gibt, später auch sehr oft ganz aus Holz, bis auf die Tragseile.
Nach leicht frostiger Nacht mache ich mich heute auf einen längeren Weg. Die Pausen bleiben kurz, weil es in dieser Gegend noch relativ viele Mücken und Knotts gibt. Spät abends errichte ich meinen Lagerplatz südlich des Sees Tjeggelvas, leider immer noch mit Mücken. Am nächsten Morgen, dem 5. September, breche ich früh auf und muss das Zelt nass einpacken, denn es hatte nachts etwas geregnet. Ich bin jetzt unterwegs nach Vuonatjviken. Auf dem nächsten Foto sieht man im Hintergrund den See Bartávrre.
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Auf einer schönen Halbinsel, etwa 5 km vor Vuonatjviken, errichte ich meinen nächsten Biwakplatz und habe schöne Aussichten von dort, siehe die nächsten beiden Fotos. Es wird wieder eine kalte Nacht.
Die nächsten 5 km sind weiterhin sehr schlecht zu laufen, es geht über Stock und Stein, bergauf und bergab. Die ganze Strecke von Västerfjäll bis Vuonatjviken ist ohne Gummistiefel kaum zu laufen. Außerdem ist sie sehr einsam, ich treffe keinen anderen Wanderer. Nach frühem Aufbruch bin ich kurz vor 10 Uhr in Vuonatjviken am See Riebnes. Ich gehe hinunter zum Bootssteg und sehe da auch schon Boot und Bootsführer. Ich spreche ihn mehrmals an aber der zeigt überhaupt keine Reaktion und putzt weiter sein Boot. Irgendwann wendet er sich dann doch mir zu und erklärt mir, dass er mich erst in einigen Stunden ’rüberbringen kann. “So um 1, 2 oder 3 Uhr“ sagt er noch. Na toll, und das bei meinem engen Zeitplan. Ich solle erstmal hoch gehen zur “Reception“, so steht es tatsächlich weiter oben am Hang an einem Gebäude geschrieben, und bezahlen. Dort möchte man stolze 350 Schwedenkronen für die Überfahrt. Na ja, die wissen schon, dass, wer sich bis hierher durchgekämpft hat, keine Alternative hat, denn ein Ruderboot gibt es nicht. Ich bezahle und frage nach einer Quittung: nein, so was hätten sie hier nicht. Auch wieder gut ...
Ich gehe wieder hinunter an den See und sitze da etwa eine Stunde. Da kommt eine Frau von der Rezeption herunter, nein, nicht etwa zu Fuß, sondern mit dem Quad, so wie hier fast alle mit dem Quad durch die Gegend fahren, anscheinend meist zum Vergnügen, gerne auch mit 3 Achsen und manchmal mit Anhänger dran, denn das Ding selbst befördert ja nur eine Person. Sie sagt, das Boot käme gleich vorbei und wenn ich schnell aufspringen könnte, würde man mich mitnehmen. Und fragt, ob ich denn bezahlt hätte. Ja, sage ich. Vertrauen statt Quittung. Nach wenigen Minuten kommt tatsächlich das Boot angerast, hält nur mit der Bugspitze am Steg und ich muss mindestens einen halben Meter hoch auf letztere steigen, dann schnell in die Kajüte und weiter geht’s. Drin sitzen schon zwei italienisch sprechende junge Jäger samt Guide. Das Boot fährt wieder mit Vollgas und die Gischt spritzt an die Scheiben. Wir fahren viel weiter nördlich den See ’rauf und setzen da irgendwo an der steinigen Küste die beiden Jäger mit ihren Hunden aus und fahren dann zurück zu der Stelle, wo ich hin muss, um den Kungsleden weiter zu laufen. Auch dort nur große Steine am Ufer, es gibt keinen Bootssteg. Also die gleiche Prozedur, dass vorsichtig senkrecht zum Ufer herangefahren wird und man dann vom Bug herunter springen muss auf einen passenden Steinblock. Der Guide hilft mir mit meinem Rucksack. Da ist eine kleine Hütte unweit des Ufers. Es geht weiter und Stromschnellen und einen Blick zurück auf den See Riebnes (im Hintergrund) zeigen die nächsten beiden Fotos.
Der Weg ist zunächst recht gut, doch sobald man die Hochspannungsleitung kreuzt wird er sehr schlecht. Es dauert eine Ewigkeit bis ich am nächsten See ankomme und dort zum Glück zwei Ruderboote finde. Es ist nur eine sehr kurze Strecke zu rudern und drüben angekommen suche ich mir gleich einen schönen Biwakplatz. Wieder habe ich keinen Wanderer getroffen. Nach kalter Nacht gibt es am nächsten Morgen etwas Regen und ich bin erst mittags in Jäkkvik, dem ersten Etappenziel. An der Tankstelle gibt es einen kleinen Laden, wo man zu erhöhten Preisen einige Lebensmittel kaufen kann. Die Ausschilderung für den Kungsleden ist in Jäkkvik hervorragend und auch der folgende Weg ist bis nach Adolfsström ausnahmsweise mal sehr gut markiert. Auch wieder sehr einsam, denn auch hier treffe ich keinen anderen Wanderer. Ziemlich spät schlage ich mein Zelt kurz vor Adolfsström in 650 Metern Höhe auf und es wird eine besonders kalte Nacht. Deswegen nehme ich mein Frühstück erst bei der Marina von Adolfsström ein und versuche gleichzeitig Zelt und Schlafsack zu trocknen, siehe nächstes Foto. Das übernächste Foto zeigt die Hängebrücke hinter Bäverholmen.
Es wird wieder eine lange Tour, denn es ist schon der 8. September und mein Rückflug ist für den 15. gebucht; einen Tag Reserve möchte ich zur Sicherheit haben. Ich zelte bei der Rasthütte Sjnulttjie bei Wind in 750 Metern Höhe. Nach windiger Nacht breche ich früh auf. Dieses Fjäll erscheint endlos und man sieht wieder keine Menschenseele. Und es ist kalt und sehr windig. Von den 57 km zwischen Adolfsström und Ammarnäs (ohne Rävfallsstugan, direkt) sind etwa 30 km ununterbrochen Fjäll. Anfangs, wo es genug Wasser gibt, ist es noch von Birkenwäldchen durchsetzt. Später gibt es nur noch freie Sicht und Höhen über 900 Metern. Mit schwerem Gepäck sind diese 30 km an einem Tag kaum zu schaffen. Typische Landschaft unterwegs zeigt das nächste Foto:
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Ich bin jetzt im Vindelfjällens Naturreservat. Die nächste Nacht wird wieder sehr kalt und ich habe morgens viel Reif am Zelt und muss es wieder mal nass einpacken. Nächstes Foto: Vindelåforsen
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Mittags bin ich in Ammarnäs. Hier kommt man an einem ICA-Supermarkt vorbei, wo man zu ganz normalen Preisen einkaufen kann. Dort höre ich ein ungewöhnliches Gebrüll von Kühen. Da stehen mitten im Fluss Tjulån, der nur ganz flaches Wasser führt und lauter Kies-Bänke hat, die Kühe im Wasser oder eben im Kies. Plötzlich fährt jemand mit seinem Quad die Uferböschung hinunter und mit hohem Tempo durch das flache Wasser und scheucht die Kühe tatsächlich erfolgreich auf ihre grüne Weide zurück. Ein “Moderner Cowboy“ sag’ ich zu dem alten Mann, der plötzlich neben mir steht. Er lacht und setzt sich dann wieder zu den anderen Älteren, welche da, ganz typisch für diese kleinen Siedlungen, auf einer Bank vor dem Supermarkt sitzen und die Neuigkeiten austauschen. Solch ein Supermarkt ist dann ja meist Post- und Busstation obendrein und praktisch das Zentrum des Ortes. Dann geht es, gestärkt mit einigen “Kanelbulla“, weiter Richtung Aigertstugan. Die nächsten beiden Fotos zeigen einen kleinen Wasserfall mit Klamm und dann noch einen Blick zurück auf Ammarnäs und den See Gautsträsket.
Es ist ein warmer und windarmer Tag und ich kann am Abend problemlos in 780 Metern Höhe zelten. Den Platz hinter der Aigertstugan zeigt das nächste Bild.
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Nach kalter und windstiller Nacht werde ich morgens von der Sonne geweckt. Es gibt immer noch keinen Wind und fühlt sich daher warm an. Nun geht es Richtung Serve:
Am späten Nachmittag finde ich einen interessanten Biwakplatz an einer alten Holzhängebrücke etwa 2 km vor der Servestugan. Dort gibt es nicht nur interessante Stromschnellen sondern auch noch einen schönen Wasserfall. Es kommen noch drei Wanderinnen mit zwei Hunden vorbei. Der eine Hund hat große Bedenken die Brücke zu überqueren und muss Brett für Brett mit viel gutem Zureden gezogen werden während der andere ganz cool vorne weg läuft. Es gibt übrigens immer noch Fliegen und Mücken, trotz der kalten Nächte.
Es wird wieder mal eine sehr kalte Nacht mit sehr viel Eis am Zelt und demzufolge am Morgen langen Trocknungsversuchen. Die sonnige Zeit hält noch bis mittags an und dann kommen die ersten Wolken. Das wundert mich nicht, denn es ist mittlerweile der 12. September. Auf den nächsten drei Fotos bin ich unterwegs zum See Tärnasjön. Ich erlebe auch, wie mit einem Hubschrauber aus einem riesigen Gebiet Rentiere zusammengetrieben werden. Der fliegt fast zwei Stunden dort herum und lässt ab und zu eine laute Hawai-Sirene ertönen, wenn der Lärm des Hubschraubers nicht ausreicht, die Tiere in genügend schnelle Bewegung zu versetzen.
Ich zelte am Abend direkt am Tärnasjön, etwa 5 km südlich der Tärnasjöstugorna. Er hat dort einen breiten Kiesstrand und wenn es nicht so kalt wäre, hätte ich jetzt endlich mal ein Bad genommen.
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Am nächsten Tag ist es bewölkt, und es gibt ab und zu kleinere Regenschauer. Es geht weiter am See entlang nach Süden. Das nächste Foto zeigt schon recht herbstliche Farben und das übernächste den Blick zurück auf den Schärengarten am Südende des Tärnasjön während des langen Aufstiegs auf das nächste Fjäll bis auf 960 Meter Höhe.
Am höchsten Punkt angekommen biege ich nach Westen ab und gehe durch das beeindruckende Syterskalet, ein recht enges U-Tal (nächstes Bild). Der Wind hält sich in Grenzen, aber die Sicht leider auch.
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Heute laufe ich sehr weit, denn ich habe beschlossen, morgen schon den Bus zur Rückfahrt zu erwischen, weil die Anschlüsse zeitlich doch sehr eng liegen und ich etwas Bedenken habe, den Rückflug zu verpassen. So gehe ich auf Hemavan zu und laufe und laufe. Ich erwarte wenige Kilometer vor Hemavan, dass der Weg langsam hinunter geht ins Tal aber erstaunlicherweise geht er nach jeder Biegung weiter bergauf. Irgendwann, etwa 2 km vor dem Ort, gebe ich auf und errichte mein Zelt an einem relativ feuchten Ort im Birkenwald. Am nächsten Morgen stehe ich noch im Dunkeln auf und packe meine feuchten Sachen in der Morgendämmerung zusammen. Es gibt keinen Regen mehr und kann ja eigentlich nur noch bergab gehen. Aber es geht weiter mehr bergauf als bergab. Erst ganz kurz vor dem Ortsanfang geht es dann hinunter. Die letzte Strecke ist neu und überreichlich markiert, ein Verlaufen ist unmöglich. Das ist auch gut so, denn es gibt durch den Ski-Rummel im Winter hier ganz viele Wege und Spuren. Wenn man Hemavan erreicht hat, ist man aber noch lange nicht an der Busstation. Es ist noch ein sehr weiter und umständlicher Weg im Zickzack zu laufen, bis man schließlich ganz unten im Tal an der Hauptstraße E12 ist.
Um halb acht besteige ich den Bus nach Tärnaby. Der fährt über kleinste Erdstraßen und große Umwege nach Tärnaby und sammelt dabei ganz viele Schulkinder ein. Als diese dort bei der Schule den Bus verlassen sitze ich alleine darin bis zur Endhaltestelle. Um kurz nach neun geht es mit dem Bus 31 direkt nach Umeå. Bis Storuman sind wir nur drei Passagiere. Wir fahren praktisch die ganze Zeit in dem Tal des Flusses Umeåälven, dem so genannten “Blå Vägen“, eine wunderschöne Route mit anfangs sehr vielen schönen Rastplätzen. In Umeå angekommen, suche ich mir einen Zeltplatz am See Nydalasjön. Am nächsten Morgen ist das Wetter wieder schön und trocken und nach ausgiebiger Zelttrocknung mache ich mich auf den Weg zum Flughafen. Auf einmal wird eine Sehne an meinem linken Fußgelenk ganz schlimm und ich kann nicht mehr richtig laufen. Zum Glück habe ich jetzt genügend Zeitreserve. Und zu meinem ganz großen Glück passiert das erst heute! Nicht auszudenken, wenn das mittendrin irgendwo passiert wäre. Schließlich überquere ich zum letzten Mal den Umeåälven auf einer extrem langen Brücke und erreiche dann im Schneckentempo den Flughafen, wo ich dann mein Gepäck für den Flug völlig umpacke. Hier wird wieder mal kräftig an Personal gespart, alles in Selbstbedienung. Ich checke nicht nur am Automaten ein, sondern der druckt mir sogar das Gepäck-Label aus, welches ich dann selbst am Rucksack befestige und denselben auf das automatische Gepäckförderband lege. Na, jedenfalls komme nicht nur ich sondern sogar meine Rucksack planmäßig kurz vor 22 Uhr in Berlin an und ich bin um Mitternacht zu Hause.
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Wie in dem Reisebericht „Kungsleden Süd“ vor einem Jahr angekündigt, habe ich jetzt im September 2013 die abgebrochene Wanderung vom September 2012 auf dem nördlichen Teil des Weges fortgesetzt. Zu den Randbedingungen verweise ich auf den Bericht vom letzten Jahr, den man zur Einstimmung deshalb vielleicht noch mal lesen sollte.
Mit den Erfahrungen des ersten Teils des Wanderweges ausgestattet, gab es naturgemäß diesmal weniger Probleme, auch wenn auch auf dem nördlicheren Teil wieder reichlich „Moorwaten“ und „Steinhüpfen“ notwendig war. Auch diesmal war das Wetter trocken und sehr sonnig und dazu außergewöhnlich warm: meist 15 Grad und mehr nachmittags auf den typisch rund 1000 Meter hohen Hochflächen des Fjälls (der Klimawandel lässt grüßen!). So musste ich leider ziemlich schwitzen, besonders wenn es mit dem 20 kg-Rucksack bergauf ging. Es gab auch kaum nasse Füße beim Waten durch die ausgedehnten Moorflächen, denn es herrschte schon seit Wochen ein sehr trockener Spätsommer in Mittelschweden und außerdem gab es viele nagelneue Boardwalks durch die Feuchtgebiete. Überall sah man noch Reststapel von Holzbrettern herumliegen, erstaunlich wenn man bedenkt, dass diese aufwendig mit Hubschraubern eingeflogen werden müssen.
Ich hatte maximal 13 Tage zum reinen Wandern, da noch einige Tage für die An- und Abreise nötig waren, und wollte den Weg genau an der Stelle aufnehmen, wo ich ihn vor einem Jahr abgebrochen hatte: in der winzigen Siedlung Flötningen an der Grenze zu Norwegen an der Straße Nr. 70. So ging es dann am späten Nachmittag des 4. Septembers wieder los mit meinem Oldtimer aus Småland. Die Wetterprognose für die nächsten 10 Tage war sehr gut, bis auf die ungewöhnlich hohen Temperaturen. Das Startgewicht meines Rucksacks betrug diesmal nur 20,6 kg. [[File:Kungsleden Süd 2 001.JPG|left|auto]]
Als Standort für mein Auto hatte ich Särna auserkoren, denn das schien mir als guter Kompromiss bezüglich des Startpunkts und der Erreichbarkeit von verschiedenen vorzeitigen Rückkehroptionen. Gegen Mittag des nächsten Tages kam ich dort an und fand tatsächlich dort einen geeigneten Parkplatz direkt beim dortigen Touristbüro. Dort stieg ich dann in den Bus nach Idre und fuhr von dort weiter mit einem anderen Bus nach Flötningen. Dort machte ich mich dann kurz nach 16 Uhr noch auf den Weg.
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Den Wiedereinstieg zum Kungsleden musste ich allerdings erst suchen, denn der versteckte sich hinter ein paar Häusern und bestand zudem zunächst einfach aus einer guten Forststraße, welche gutes Vorankommen ermöglichte, ganz ungewöhnlich für den Kungsleden! Gegen Abend fand ich einen Lagerplatz mit Windschutz samt zwei Tischen mit Sitzbänken und entschloss mich der Einfachheit halber auf den Zeltaufbau zu verzichten und mich dort einfach auf die Holzpritsche zwecks Übernachtung zu legen. Die vorbereitete Feuerstelle lud ein, gleich die erste Tütensuppe zu opfern und so geschah es dann auch. Wie fast immer reichten mir für meine kleine Kochstelle die Holzreste, welche immer verstreut um die Feuerstelle herumlagen. Ansonsten liegen bei den Hütten und sogar bei solch einfachem Windschutz immer Holz, eine Bügelsäge und eine Spaltaxt bereit zur Selbstbedienung. Als es dunkel wurde, bemerkte ich, dass es diesmal trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit noch ein paar Mücken gab; es war wohl noch kein Frost da gewesen. So zog ich mir dann zum Schlafen ein Moskitonetz über den Kopf und den Schlafsack so hoch wie möglich an letzteren und konnte so trotz fehlendem Zelt eine ungestörte Nacht verbringen.
Am nächsten Morgen, dem 6. September, ging es dann weiter nordwärts und teilweise wieder auf Forststraßen. Dort begegneten mir die ersten Rentiere, welche dann immer wieder und täglich zu sehen waren, während ich auf der südlichen Teilstrecke im letzten Jahr gar keine gesehen habe. Aber ich befand mich jetzt fortan im Rentiergebiet, worauf auch vereinzelt hingewiesen wurde mit der Bitte, diese nicht zu stören und zu vertreiben, da die Samen, welche hier noch immer ihren Lebensunterhalt mit der Rentierhaltung bestreiten, sonst sehr viel Mühe haben, die Tiere wieder einzusammeln. Einige trugen auch Halsbänder. Am Abend erreichte ich Valdalsbygget, eine sehr geräumige Hütte, welche offen war und keine weiteren Gäste waren zu sehen. Die lud mich dann zu meiner zweiten Übernachtung ein, wieder praktischerweise ohne Zelt. Die Feuerstelle vor dem Haus nahm ich dann auch gerne wieder in Betrieb (Bild unten links).
[[File:Kungsleden Süd 2 007.JPG|none|auto]][[File:Kungsleden Süd 2 010.JPG|none|auto]][[File:Kungsleden Süd 2 011.JPG|none|auto]]
Tags darauf machte ich mich auf den Weg zum See Grövelsjön und dem gleichnamigen Ort, welcher das Zentrum eines beliebten Wintersportgebietes und dessen Fjällstation sogar mit dem Bus erreichbar ist. Hier wäre jetzt schon die erste Rückkehrmöglichkeit gewesen, falls große und unvorhergesehene Probleme aufgetreten wären. Aber zum Glück blieben mir ja auf dieser Wanderung (auch im Weiteren) die entzündeten Fußknöchel erspart. Welche der vorbeugenden Maßnahmen nun geholfen hatte, weiß ich nicht.
[[File:Kungsleden Süd 2 013.JPG|left|auto]] Nachdem ich bisher durch Wald-, Busch- und Moorgebiete gewandert war, ging es nun hinauf auf die kahle Hochfläche des Långfjället. Endlich wieder diese herrliche Fern- und Rundumsicht soweit das Auge reicht! Es war immer sonniger geworden und jetzt nahm auch der Wind sehr zu. Als ich am späten Nachmittag die sehr kleine Schutzhütte Särsjöbacken erreichte, war der Wind so stark, dass ich es vorzog, mich in dieser Hütte zu verkriechen. Und da der Boden ziemlich ungeeignet für einen Zeltaufbau war und der Wind nicht abnahm, verbrachte ich dort auch die dritte Nacht. Ich wunderte mich dann nur, dass solche Hütten bei starkem Sturm nicht einfach wegfliegen, denn eine Bodenverankerung habe ich nirgends entdeckt. Auch diese Hütte hatte an dem Ofenrohr oben am Dachdurchgang einen Blechkasten, der wohl so eine Art Luft-Wärmetauscher ist. Der jedenfalls klapperte diese Nacht fürchterlich, wenn die Windrichtung und –stärke stimmte.
Am nächsten Tag erreichte ich schon bald (meistens ging es bergab) den See Hävlingen und passend zur Frühstückszeit eine kleine private, verschlossene Hütte direkt am Seeufer mit Tischgruppe (Bild unten links). Dann ging es wieder hinauf durch schöne Landschaft (siehe Bilder unten), vorbei an der Storrödtjärnstugan, wo ich mich kurz mit der Hüttenwirtin unterhielt. Nachmittags sah ich dann von weitem bereits den See Rogen. Das ist der größte von vielen Seen in dem Naturreservat Rogen, in welchem ich mich an diesem und am nächsten Tag befand. Am Abend steuerte ich auf der Suche nach einem Zeltplatz schließlich eine kleine Windschutzhütte am Südzipfel des Rogen-Sees an, welche sehr hübsch gelegen schien. War sie denn auch und da stand auch schon ein Zelt und ein Feuer qualmte schon.
[[File:Kungsleden Süd 2 015.JPG]][[File:Kungsleden Süd 2 016.JPG|none|auto]][[File:Kungsleden Süd 2 017.JPG|none|auto]]
[[File:Kungsleden Süd 2 018.JPG|left|auto]]
Ich traf dort einen sehr netten jungen Franken und gesellte mich zu ihm, nachdem ich auch einen brauchbaren Platz für mein Zelt gefunden hatte. Er war wie fast alle Fernwanderer von Nord nach Süd unterwegs und froh, an diesem Abend mal Gesellschaft zu haben, denn er hatte schon viele Wanderungen in Wandergruppen gemacht, war aber nun erstmalig alleine unterwegs. Sein Rucksack wog stolze 28 kg, und das war kein Wunder, denn er hatte neben anderen Luxusartikeln ein Zweimann-Zelt und eine umfangreiche Kochausrüstung bei sich. Auf meine diesbezügliche Frage erzählte er, dass er gerne kocht und dies bisher auch immer gerne für die Gruppe getan hat, welche sich dann mit Abwaschen revanchiert hat, was er nun ärgerlicherweise auch noch selbst machen müsse! Nun ja, für mich musste er nicht kochen oder abwaschen, ich stellte nur meinen Topf zu seinem auf das Feuer. Wir saßen noch lange zusammen am Feuer und ich teilte seine Begeisterung für die unglaubliche Freiheit, welche man hier bei der Wanderung durch die einsame schwedische Wildnis empfindet, zum Beispiel auch die Freiheit, dass man fast überall ein Feuer machen darf.
[[File:Kungsleden Süd 2 019.JPG|none|auto]][[File:Kungsleden Süd 2 020.JPG|none|auto]][[File:Kungsleden Süd 2 021.JPG|none|auto]][[File:Kungsleden Süd 2 022.JPG|none|auto]]
[[File:Kungsleden Süd 2 023.JPG|none|auto]][[File:Kungsleden Süd 2 024.JPG|none|auto]][[File:Kungsleden Süd 2 025.JPG|none|auto]]
Am nächsten Morgen - es begann der fünfte Tag - ging es dann weiter durch schöne Landschaft in nordwestlicher Richtung mit etwas Abstand zum Rogen, den man daher nur sah, wenn man etwas höher war (siehe die obigen 7 Bilder). Die Begegnungen mit Rentieren wurden häufiger. Die Rogenstugan ließ ich links liegen, auch weil ich bis zum Abend noch einen netten Übernachtungsplatz direkt am See mit Mini-Sandstrand erreichen wollte, ein Tipp des netten Franken. Als ich dort ankam, stellte ich fest, dass der Platz leider schon besetzt war: drei Schweden waren dort mit ihrem Kajak und einem großen Zelt. Wie sie das Boot zum Rogen bekommen haben, blieb mir unklar, aber wahrscheinlich kann man dies bei der Rogenstugan ausleihen. Es war nun schon recht spät geworden und ich musste mich beeilen, um noch vor Einbruch der Dunkelheit einen Übernachtungsplatz zu finden. Schließlich musste ich mich dann mit einem beliebigen Platz auf hartem aber halbwegs ebenem Untergrund (lange gesucht) zufrieden geben.
[[File:Kungsleden Süd 2 027.JPG|none|auto]][[File:Kungsleden Süd 2 028.JPG|none|auto]][[File:Kungsleden Süd 2 029.JPG|none|auto]][[File:Kungsleden Süd 2 030.JPG|none|auto]]
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Der nächste Tag, es war der 10. September, begann mit Hochnebel, aber als der sich schließlich verzogen hatte, war es wieder super sonnig! Es ging über die Skedbrostugan weiter nach Norden (5 Bilder oben). Außer den seltenen Fernwanderern sah man gelegentlich auch solche mit leichtem Gepäck, welche nur Tagestouren machten oder von Stuga zu Stuga liefen. Letztere sind in der Saison offen für eine einfache Übernachtung gegen Entgelt. Das waren dann aber meist Schweden und meist in kleinen Gruppen.
[[File:Kungsleden Süd 2 032.JPG|none|auto]][[File:Kungsleden Süd 2 033.JPG|none|auto]]
Im weiteren Verlauf des Weges fiel mir auf, dass es jetzt gelegentlich Bereiche des Weges gab, wo weißer Sand zu sehen war, etwas, was mir bisher auf dem Kungsleden nicht begegnet war. Als ich dann am Nachmittag am See Dalstenshån entlang wanderte, war ich trotzdem sehr überrascht, plötzlich einen großen weißen Sandstrand vorzufinden, makellos und weit und flach in den See hineingehend. So etwas habe ich im schwedischen Fjäll bisher nicht gesehen und ich beschloss, dort zu bleiben und das fällige Bad zu nehmen, die Verlockung war zu groß. Da das Wasser trotz der Flachwasserzone doch recht kalt war, fiel mein Vollbad allerdings recht kurz aus. Anschließend machte ich Feuer und baute das Zelt auf: es wurde ein gemütlicher Nachmittag und Abend bei bestem Wetter.
[[File:Kungsleden Süd 2 037.JPG|left|auto]] Am nächsten Tag ging es dann weiter nach Norden und am Mittag erreichte ich den Windschutz Broktjärnskojan (Bild links). Anschließend wanderte ich weiter Richtung Tänndalen an der Straße Nr. 84. Auf diesem Wegstück sah man gelegentlich eigenartig geformte große Felsblöcke, welche aus der Ebene herausragten. Die meisten Wanderer laufen dann direkt ins Tal hinunter nach Tänndalen, auch um dort die Vorräte wieder aufzufüllen, und dann auf der Straße 84 weiter durch das Tal bis nach Fjällnäs, wo der Kungsleden wieder das Tal verlässt und hinaufgeht zum Långbrottfjället. Ich hatte allerdings beschlossen, die interessantere Route entlang des Sees Svansjön zu nehmen. Leider war dort keine markierte Route zu erkennen, obwohl so auf der Fjällkartan Z8 eingezeichnet. Ich gelangte dann am Abend an ein schönes Plätzchen, wo das Flüsschen Svanån den Svansjön verlässt. Auffallend viele Rentiere konnte ich dank guter Aussicht sehen. Ich richtete mich trotzdem dort für die siebente Übernachtung ein (nächstes Bild links).
[[File:Kungsleden Süd 2 042.JPG|left|auto]]
Als es langsam dunkel wurde, zog ich mich in mein Zelt zurück. Aber nach wenigen Minuten staunte ich nicht schlecht: da streifte etwas hör- und fühlbar an der Zeltwand vorbei! Was war denn das? Ich schaute hinaus und sah ein Rentier nur wenige Meter vom Zelt entfernt stehen. Das hatte offenbar daran geschnuppert und mich nicht bemerkt. Als ich das Tier nun mit meiner Lampe anleuchtete, zog es sich zurück und es ertönte das typische Röhren, was sie immer von sich geben, wenn sie sich gestört fühlen. Das entspricht wohl dem Bellen der Rehe, ist aber viel leiser und im Ton tiefer. Manchmal schniefen sie auch so komisch. Die Rentiere geben überhaupt verschiedene sehr merkwürdige Töne von sich, für deren Beschreibung mir einfach die Worte fehlen, und ich habe es leider nicht geschafft, eine brauchbare Tonaufnahme zu machen.
Der weitere Verlauf der Nacht verlief dann unspektakulär, die Rentiere wussten ja nun Bescheid, was das mit dem kleinen grünen Haufen am Fluss auf sich hatte. Am Morgen ging es dann weiter Richtung Fjällnäs. Wie schon am Vortag war kein richtiger Weg zu erkennen, ich lief mal diesen, mal jenen Trampelpfad oder querfeldein und kam nach Anzeige an meinem Garmin GPSMAP62st mehrmals vom richtigen Weg ab. In Fjällnäs angekommen, hatte ich weitere Probleme. Da wo der Kungsleden laut Karte von der Straße 84 abgeht, konnte ich nichts finden, und da waren auch verdächtige neue Grundstücke an der Straße, welche den Weg anscheinend „verschluckt“ haben. Also lief ich weiter westlich einfach querbeet den Hang hinauf und weiter oben nordöstlich weiter und stieß dann erwartungsgemäß auf den richtigen Weg.
Nun ging es weiter Richtung Långbrottstugan, welche ich am Abend nach Umwegen erreichte. Der Sommerweg ist nämlich nicht durchgehend markiert und recht feucht und sumpfig und ohne Boardwalks. Da gab es wieder viele Spuren wegen verschiedener Versuche der Wanderer trockenen Fußes weiter zu kommen und als ich einer Spur unbekümmert längere Zeit folgte, ohne meinen Garmin zu befragen, stellte ich leider erst sehr spät fest, dass ich weit abgekommen war. Wegen der guten Sicht bin ich dann schließlich querfeldein und teils durch dichtes Buschwerk auf mein angepeiltes Ziel zugelaufen, wobei ich natürlich um die feuchtesten Stellen herum musste.
[[File:Kungsleden Süd 2 046.JPG|left|auto]]
Die Hütte Långbrottstugan war verfallen und schmutzig, auch einige Bodenbretter fehlten schon. Es gab aber eine gute Möglichkeit zwischen Hütte und Bach das Zelt aufzuschlagen und ich verbrachte die nächste Nacht dort. Am Morgen des neunten Tages ging es dann noch mal rund 100 Meter hinauf zum Långbrottfjället und weiter Richtung Klinken im Ljusnan-Tal. Es geht erst langsam und dann immer schneller bergab ins Tal bis man rund 300 Meter tiefer den Fluss Ljusnan überquert. Vorher hat man schöne Ausblicke, besonders auch auf ausgedehnte herbstlich gefärbte Birkenwälder. Das Ljusnan-Tal ist im Sommer berühmt-berüchtigt wegen seiner Mückenplage, von der aber zu dieser Jahreszeit nichts übrig geblieben war.
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Sobald man den Fluss Ljusnan überquert hat geht es wieder 300 Meter hinauf auf etwa 1000 Meter Höhe. Der nächste Orientierungspunkt ist dann die Hütte Svaletjakke. Auf dem Weg dorthin sieht man einen schönen Wasserfall und es gibt auch hier wieder oft Blaubeeren wie schon zuvor, sodass eine tägliche Mindestversorgung mit Frischkost gesichert war.
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Danach geht es weiter Richtung Fältjägarstugan und bald hat man einen ersten Blick auf das Helagsfjället, für viele Wanderer sicher der Höhepunkt des Kungsleden Süd, da es dort der höchste Berg ist (knapp 1800 Meter) und es Schwedens südlichsten Gletscher gibt. Kurz vor der Fältjägarstugan schlug ich im Nirgendwo auf einer halbwegs flachen Stelle mein Zelt auf für die neunte Übernachtung und aß meinen letzten kleinen Rest Müsli. Ab jetzt gab es nur noch ein paar Nüsse und etwas Schokolade.
[[File:Kungsleden Süd 2 055.JPG|left|auto]]
Am nächsten Morgen gab es Wolken und auch auf dem weiteren Weg zur Helags-Fjällstation verschwanden die nicht mehr, auch wenn sie höher stiegen. Am Nachmittag erreichte ich die Helags-Fjällstation (1043 Meter), wo man einen Blick auf den Gletscher erhaschen konnte. Für Gipfelstürmer gibt es von hier aus die Möglichkeit bis zum Gipfel des Helags aufzusteigen. In der Station gab es eine Wettervorschau für die nächsten Tage und die zeigte viel Regen. Es deutete sich ein grundlegender Wetterwechsel an, die lange und sonnige Trockenperiode war leider zu Ende. Es gab also eine weitere Entscheidungsgrundlage für meine weitere Tourplanung: eine Wanderung im Regen (mit einem Zelt, dass so niedrig ist, dass ich dort nicht mal aufrecht sitzen kann und auch sonst nicht genügend Platz bietet für ein längeres „Aussitzen“ des Regens).
Die nächste Entscheidungsgrundlage war, dass ich bis zum Endpunkt des Kungsleden Süd in Storlien an der E14 (Östersund-Trondheim) in meinem aktuellen Zustand noch mindestens drei Tage brauchen würde, weil es mehrmals kräftig bergauf und bergab geht. Von dort müsste ich in einem riesigen Bogen zurück zu meinem Auto, der mit Bahn und Bus zwei Tage in Anspruch nehmen würde, da es keine Nord-Süd-Verbindungen durch das Fjäll gibt. Die öffentlichen Verkehrsmittel fahren nur vom so genannten Inlandsvägen westlich hinein in die Täler des Fjällgebietes. Ob ich dann rechtzeitig zurück sein würde, um meine fest gebuchte Rückfahrt nach Berlin anzutreten, wäre da nicht sicher gewesen. Ein dritter Tatbestand war, dass mein Proviant zu Ende war. Der vierte war: es war Samstag und am Montag um 6 Uhr 10 frühmorgens fährt immer ein Bus aus Ljungdalen zum Inlandsvägen. Von Ljungdalen würde ich auch quasi nur in einem Drei-Viertel-Bogen zurück nach Särna kommen, aber das immerhin innerhalb eines Tages.
Ich entschied mich also nicht nach Storlien sondern nach Ljungdalen zu laufen. Kurz vor dem Kesusjön konnte ich gerade noch vor dem Beginn des Regens mein Zelt aufbauen und verbrachte dort die zehnte Nacht. Die Nachtruhe wurde gestört durch starken Regen und irgendwann bemerkte ich, dass an zwei Ecken der Bodenwanne des Zeltes Wasser eingedrungen war und unter anderem eine Wanderkarte total durchnässt hatte (ist zum Glück Spezialpapier, dass nach dem Trocknen wieder zu gebrauchen ist). So verbrachte ich den Rest der Nacht mit dem wichtigsten Teil meines Zeltzubehörs: dem Schwammlappen!
Am nächsten Tag, dem 15. September, zog ich dann weiter im Regen Richtung Ljungdalen und war irgendwann ziemlich durchnässt. Es gab wirklich einen Wetterwechsel, das zeigten auch die nächsten Tage, die Entscheidung war also richtig. Ich suchte jetzt ein trockenes Plätzchen möglichst kurz vor Ljungdalen, um dann am nächsten Tag frühmorgens den Bus zu erwischen. Und genau das fand ich, eine kleine Schutzhütte direkt an einem rauschenden Fluss mit Stromschnellen, unweit der Straße. Ich versuchte dort meine Sachen wenigstens etwas zu trocknen und verbrachte dann auf der dortigen Holzpritsche meine elfte und letzte Outdoor-Nacht, die ziemlich laut wegen des donnernden Wassers war.
Um vier Uhr morgens packte ich im Dunkeln meine Sachen und war nach kurzem Weg in Ljungdalen an der Bushaltestelle. Die war wie üblich in kleinen Orten beim dortigen Konsum (Einkaufsmarkt, Poststelle und mehr) und es gab hier sogar einen beheizten Vorraum, der auch als Warteraum für Busreisende gedacht und sogar geöffnet war! Ich fuhr dann mit dem Bus nach Asarna und kurze Zeit später mit einem anderen Bus nach Mora. Dort hatte ich sofortigen Anschluss an einen weiteren Bus, der mich zurück nach Särna brachte. So war ich schon am frühen Nachmittag bei meinem Auto. Für die Rückfahrt nutzte ich wieder oft wenig frequentierte, kleinere Straßen und auch längere Strecken „Dreckstraße“, welche mein Auto ja bevorzugt. Nach einem Kurzaufenthalt in Småland trat ich dann per Bus und Bahn die Rückfahrt nach Berlin an.
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Nachdem ich vor einigen Jahren erfolgreich den Ostkustleden-Rundweg erobert hatte (10 Tage), war mein nächstes Ziel der interessantere und sicher anspruchsvollere Kungsleden-Süd. Dieser beginnt im Süden in Sälen (Dalarna) und endet im Norden in Storlien (Jämtland). Die Gesamtlänge wird mit 360 km angegeben. Wie sich später herausstellte, kann man die km-Angaben getrost verdoppeln, denn man läuft fast immer im Zickzack und auch mal Umwege. Der Weg verläuft mehr oder weniger dicht entlang der norwegischen Grenze.
Ich hatte maximal 15 Tage zum Wandern eingeplant und dann noch 2 Tage, um mit Bussen oder per Anhalter zum Startpunkt zurückzukehren. Natürlich wollte ich wieder vollkommen unabhängig sein, was für mich den Reiz einer solchen Tour ausmacht. Dazu musste dann natürlich wieder viel Ausrüstung für alle möglichen und unmöglichen Fälle in meinem Rucksack verschwinden und Nahrung für mindestens 10 Tage ( hauptsächlich Müsli und Vollmilchpulver). Die restlichen Tage, falls ich überhaupt solange durchhalten würde, wollte ich dann “auf Diät“ gehen. Aber zum Glück besitze ich ja den Bison 75 von Tatonka, einen sehr geräumigen und angenehm zu tragenden Rucksack.
[[File:Bild 020.JPG|left|auto]] Diesmal hatte ich sogar oben auf dem Rucksack ein kleines Solarmodul befestigt. So schien die Sonne nicht nur auf meinen Kopf sondern in Form von elektrischem Strom auch in einen Hilfsakku, den ich entweder als Reserveakku für mein betagtes, Strom fressendes GPS-Gerät Garmin 12 verwenden oder zum Laden des Handy-Akkus nehmen konnte. Auch hätte ich meine Kopflampe zum Wiederaufladen direkt an das Solarmodul anschließen können sowie notfalls auch meine selbst gebastelte Handlampe (superhelle LED und Li-Akku, klein, leicht, lange Leuchtdauer). Als Einzelwanderer muss man leider immer mehr schleppen als mit Mitwanderern, da manche Dinge nur einmal gebraucht werden. Aber es gibt leider keine anderen Outdoor-Enthusiasten in meinem Bekanntenkreis, welche dann auch noch über die nötige Zeit verfügen ...
Nachdem am 30. August im Internet eine Wetterprognose für das südliche Fjäll 8 Tage Regenfreiheit vorhersagte (was ich erwartet habe, denn es hatte ja den ganzen Sommer über bisher geregnet), war es dann soweit. Mein 32 Jahre alter Renault TP3, der wieder mal in meiner Eremitage in Småland parkte und dringend mal wieder Auslauf brauchte, wurde noch mit den gesamten Dieselvorräten beladen und dann ging es am 31. August morgens los, wie üblich aber nur mit 60-70 km/h, da das Auto mir sonst zu laut und der Verschleiß an Kraftstoff und der Reifen an der Vorderachse zu hoch wird. Ja ja, keine Panik, ich vermied es durch geeignete Fahrtaktik meistens, zum Verkehrshindernis zu werden ...
Nach rund 570 km kam ich dann spät abends beim Sälen Högfjällshotellet an. Eine riesige Hotel und Motel-Anlage, welche erst im Winter zum Leben erwacht. Dann kommen nicht nur Skitouristen sondern neuerdings auch solche, die mit speziellen so genannten Scootern durch die weiße Wildnis brettern wollen. Für mich ist das eine zunehmende Unsitte in Schweden, weil diese Teile unglaubliche Mengen an Zweitaktbenzin verbrauchen. Überall sieht man in der Wildnis die Markierungen dieser Scooter-Wege, rote Kreuze auf extra Metallstangen so hoch montiert, dass sie aus der Schneedecke noch herausragen. Manchmal und im Winter wohl immer laufen auch die Wanderer entlang dieser Markierungen. Dann hat man es leicht mit der Orientierung, aber ganz anders ist die Situation auf den sogenannten Sommerwegen, welche oft sehr schlecht markiert sind (ein bisschen alte Farbe an wenigen Bäumen). Aber die Winterwege laufen teilweise durch Wasser oder anderes Gelände, welches ohne Eis- und Schneedecke nicht begehbar ist.
[[File:Bild 002.JPG|left|auto]] Ich parkte das Auto auf einem riesigen, sogar beleuchteten Parkplatz, direkt an dem Eingangstor zum Wanderweg. Zu meiner großen Verwunderung stand ich da alleine, keine anderen Wanderer-Autos, ein schlechtes Omen ... Nun ja, ich kochte mir dann die vermeintlich letzte warme Mahlzeit und verbrachte die Nacht dort in meinem “Luxus“-Wohnmobil (alles relativ, hatte mich mental schon auf Zeltübernachtung eingestellt).
Am Morgen kamen dann noch andere schwedische Autos, alles offensichtlich Tagesausflügler. Ich packte jetzt noch eineinhalb Liter Wasser in den Rucksack und wog ihn: rund 23 kg! Ich überlegte nochmal, ob ich die bereits bewährten einteiligen Trekkingstöcke nehme oder die neuen 3-teiligen und verstellbaren und entschied mich dann für letztere, weil man die einfacher in Bus, Bahn oder PKW transportieren kann. Das war ein Fehler, wie sich bald herausstellte.
Die ersten 2 km des Weges sind tatsächlich asphaltiert (geht mit schöner Aussicht stetig leicht bergauf) und auch der weitere Weg bis zur ersten Schutzhütte ist noch gut begehbar. Dort bei der Östfjällsstugan gibt es den ersten hübschen kleinen See mit schöner Aussicht und hier drehen dann die Touristen meist wieder um oder gehen auf einem anderen, schwierigeren Weg zurück zur Straße.
[[File:Bild 012.JPG|left|auto]] Ich will bei dieser Gelegenheit gleich mal erwähnen, dass es in dem ganzen Wandergebiet im Abstand von durchschnittlich etwa 10 km Schutzhütten oder zumindest einen Wind- und Regenschutz gibt. Die Schutzhütten dienen zur Rast und sollen nur in Notfällen zur Übernachtung benutzt werden. Für Letzteres gibt es dann extra breite Holzpritschen. Natürlich sind die Schutzhütten hauptsächlich für den Winter gedacht und es liegen meist Unmengen an Brennholz bereit, allerdings normalerweise nur in Form von 2-3 Meter langen Stämmchen, die man dann mühevoll mit der bereit liegenden Bügelsäge erstmal Scheit gerecht zersägen und dann noch spalten muss, wozu auch immer mindestens eine Axt vorhanden ist. In jeder Hütte befindet sich mindestens ein “Kanonenofen“. Manche der Hütten haben ein Funk-Nottelefon, welches direkt mit der Polizei verbindet. Außerdem eine Wandbox, in der sich Notproviant befinden soll. Ich habe festgestellt, dass sich darin alles Mögliche befindet, was der eine oder andere Wanderer nicht mehr braucht und nicht mehr tragen will. Also nicht nur Proviant, sondern z.B. ganze Liter Kochbenzin oder Brennspiritus, auch Gas- und Spirituskocher hab’ ich gesehen, Heftpflaster und vieles mehr.
Sehr aufmerksam fand ich es auch, dass es in den ersten Schutzhütten kleine Boxen mit Pflaster von der Firma Salve-Quick gab, allerdings nur für sofortigen Verbrauch, denn eine Klebefläche war dann offen. Ich scheine also nicht der Einzige zu sein, der wunde Stellen an den Zehen bekommt bei längeren Wanderungen über unebenes Gelände! Jedenfalls brauchte ich schon am ersten Abend ein erstes Pflaster, am zweiten waren es fünf und am dritten Tag war ich bei sieben Pflastern! Dieser ausgiebige Pflastergebrauch schützte mich jedenfalls ausreichend und später hatte ich andere Probleme, die meine Laufleistung ausreichend reduzierten, so dass ich keine weiteren Pflaster mehr brauchte, dazu später mehr.
Nun wieder zur Östfjällsstugan, nämlich dahinter änderte sich der Weg schlagartig und nahm seine Normalform an: Steine (auch ganze Steinfelder, siehe Bild unten links), Wurzeln, Schlamm sowie Wasserlöcher oder umgestürzte Bäume, welche man umrunden musste. Und dann kamen bald auch die ersten größeren Feuchtgebiete, die es zu durchqueren gab. An den schlimmsten Stellen gibt es meist solche Boardwalks, also ein oder zwei Bretter nebeneinander, auf denen man laufen kann (siehe Bild unten rechts). Ansonsten läuft man durch diese dicken moosigen Schichten und hofft, dass die Wat-Tiefe der Wanderstiefel ausreicht, bei mir sind es so ungefähr 12 cm. Hebt man den Fuß wieder an, füllt sich das Loch sofort mit Wasser ...
Ich will es hier schon mal vorwegnehmen: ich bin noch nie im Leben durch so viel Wasser gelaufen. Man muss auch daran erinnern, das es nicht nur in Berlin ein extrem nasser Sommer war (wir hatten unseren ersten Regenwasser-Einbruch im Keller) sondern noch viel mehr in Schweden (der Klimawandel lässt grüßen). Ich verfolgte schon den ganzen Sommer über das Wetter in Schweden auf der Internetseite des schwedischen Wetterdienstes SMHI, sah’ den vielen Regen und vor allem gab es mehrmals Hochwasseralarm in vielen schwedischen Provinzen, teilweise sogar die höchste Alarmstufe. Und in Småland gab es auch viel Wasser und auch extrem viele Mücken. Das waren also keine guten Voraussetzungen, denn auf den Flächen des Fjälls, deren Untergrund massiver Stein ist, kann das Wasser oft gar nicht abfließen. Wenigstens gab es erwartungsgemäß kaum noch Mücken da oben, denn es hatte wohl schon die ersten Nachtfröste gegeben.
[[File:Bild 008.JPG|left|auto]] Wegen dieser ungünstigen Wetterlage im Sommer war der Weg also noch feuchter als sonst, die beschrieben Boardwalks lagen teilweise unter Wasser und die Umwege um die “nicht verbretterten“ Stellen waren größer. Trotzdem erreichte ich des Abends, wieder ’mal ganz unten im Tal angekommen (ging ganz schön ’rauf und ’runter die ersten Tage), einen schönen Platz direkt am Bach zum Zelten. Da lagen sogar passende Steine um ein altes Lagerfeuer und trockene Zweige von Nadelbäumen gab’s auch genug, so dass ich mir ein kleines Kochfeuer machen konnte und schon am ersten Abend die erste von drei eingepackten Trockensuppen verspeisen konnte. Und wenn schon Feuer dann auch noch Tee, auch am nächsten Morgen. Einen Gaskocher hatte ich aus Gewichtsgründen ja nicht dabei, nur einen alten und sehr leichten Alukessel eben für solche Gelegenheiten. Die wenigen Mücken, die hier unten im Tal noch überlebt hatten, nahmen angesichts der Rauchentwicklung dann auch gleich Reißaus.
[[File:Bild 006.JPG|left|auto]] Schon am ersten Tag bemerkte ich die falsche Wahl meiner Trekkingstöcke. Immer wenn einer im Schlamm oder Sumpf stecken blieb und ich daran zog, lösten sich die Verbindungen und ich hatte nur noch ein oder zwei Drittel des Stocks in der Hand. So ein Pech, so konnte ich sie auf weichen Böden kaum einsetzen. Ideal wären jetzt handtellergroße Füße für die Stöcke gewesen, dann hätten sie auch auf diesem Untergrund nutzbringend eingesetzt werden können.
Am ersten Tag traf ich übrigens auch den einzigen Alleinwanderer auf meiner Tour an einer Raststelle, natürlich auch ein Deutscher. Der wollte immerhin 6 Tage unterwegs sein und hatte auch meine Richtung. Ich ging dann alleine weiter. Am nächsten Tag begegnete ich ihm noch zweimal beim Rasten (es gibt halt nur wenig einladende Raststellen am Weg) bevor ich ihn dann endgültig abhängte. Er sagte auch etwas von Ruhetag einlegen oder so. Das kam für mich noch nicht in Frage, weil das Wetter absolut super war für diese Gegend, sonnig und bis zu 15 Grad warm.
[[File:Bild 016.JPG|left|auto]] Es ging weiter über die Närfjällstugan und Gransätern bis zur Lilldalsstugan (siehe Bild links). Diese Hütte war so einladend und verlassen dass ich beschloss, mal eine Übernachtung in der Hütte auszuprobieren. Ich schlief allerdings nicht besonders gut, vermutlich weil Iso-Matte auf Holzbrett nicht so weich ist wie Iso-Matte auf Naturboden, zumal wenn dieser dicht mit Gras bewachsen ist. Am 3. Tag erreichte ich mittags die Björnholmsstugan, wo der Fulufjällets Nationalpark beginnt. Von dort begann ein langer und mühseliger Aufstieg auf die Hochebene des Fulufjälls in 950 Meter Höhe. Dann ging es wieder etwas abwärts in das Tangådalen, wo hübsch am Tangån-Fluss dieTangåstugan liegt. Leider war die Hütte von einer großen deutschen Reisegruppe besetzt und außerdem hatten sie drei Zelte am Fluss aufgestellt. Ich war aber so erledigt an diesem Abend, dass ich keinen Schritt weiter mehr wollte und zum Glück gab es auch noch genug Platz für mein kleines Zelt. Diese Reisegruppe war auf einer organisierten Reise mit je 3 Tagen Fjäll-Wandern, Kanu fahren und Radfahren oder so ähnlich.
[[File:Bild 026.JPG|left|auto]] Früh morgens machte ich mich davon. Ich wollte auch wegen des seit Eintritt in den Nationalpark fehlenden Handy-Netzes schnell weiter, damit ich mal wieder zuhause anrufen könnte. Es war wie gestern schon sehr windig auf dem Fulufjäll, auch die nächsten Tage ging es weiter mit dem kräftigen Wind und es blieb trocken (jedenfalls von oben) und oft sonnig. Wie Birken dort oben auf dem windigen Fjäll wachsen zeigt das nebenstehende Foto. Wegen dem Wind war ich sehr froh, eine Wollmütze dabei zu haben. Gegen Mittag erreichte ich schon trotz kleinem Umweg die Tangsjöstugan. Dort wollte ich noch mal in Ruhe meine Pflaster an den Füßen erneuern aber leider hatte wahrscheinlich die erwähnte Reisegruppe, welche dort am Vortag war, die Bestände restlos geplündert! Es ging weiter und ich nahm mir vor, möglichst immer in der Nähe einer Schutzhütte zu zelten, falls es doch mal Regen gibt. Mein Zelt, das Ein-Mann-Zelt Pathfinder von der Firma Wechsel, hat nämlich leider den kleinen Nachteil, dass es mindestens 10 cm zu niedrig ist zum aufrechten Sitzen und deswegen halte ich mich dort nicht so gerne außer zum Schlafen auf.
Am frühen Abend erreichte ich die Rörsjöstugan und etwa 100 Meter davor fand ich einen wunderschönen Zeltplatz direkt an dem großen See Storrösjön, welcher immer noch auf 896 Meter Höhe liegt. Ich war immer noch im Nationalpark Fulufjället aber mein Handy funktionierte wieder. Ich hatte es auch inzwischen schon erfolgreich mit meinem Solar-Akkupack System nachgeladen, denn bei schwachem Netz wird der Handy-Akku schnell leer (ist auch nicht mehr der neueste ...)
Der Wind blies dort am Seeufer noch kräftiger, die paar Büsche zwischen mir und dem Wasser halfen nicht viel. Ich dachte mir, das wäre doch mal eine gute Gelegenheit auszuprobieren, ob ich mein Zelt auch bei Starkwind aufbauen kann und der Wind würde schon im Laufe des Abends einschlafen ... Das erstere war richtig, das heißt es gelang. Das zweitere nicht, der Wind wurde nachts sogar noch stärker, so dass ich kaum ein Auge zu machen konnte denn ich fürchtete, er würde das Zelt zerreißen. Morgens zum Aufstehen wurde der Wind endlich etwas schwächer und ich stellte erfreut fest, dass mein kleines flaches Zelt den Sturm gut überstanden hatte!
Die Fußknöchel schmerzten am Morgen, es war unangenehm auf unebenem Boden zu laufen ohne die Stöcke. Ich beschloss, heute nicht ganz so weit zu laufen und der Vorsatz war auch nicht schwierig einzuhalten, denn ich wurde immer langsamer auf den steinigen Wegabschnitten. Es ging jetzt in weitem Bogen nach Süd-Südwest Richtung Gördalen, also quasi etwas zurück. Dann folgte ein steiler Abstieg von knapp 1000 Meter Fjällhöhe auf 600 Meter Talhöhe des Flusses Görälven, der Nationalpark endete hier, ich durchschritt das Örtchen Gördalen und es ging wieder hinauf auf die 950 Meter des Drevfjället, wieder dicht an der norwegischen Grenze. Noch vor Erreichen dieser Höhe machte ich abends halt bei einem Windschutz mit dem Namen Gröningshållan. Hier gab es wieder eine gute Gelegenheit für ein kleines Feuer und ein Süppchen (Bild links unten). Das Bild rechts unten zeigt kuriose Schilder mitten in der Wildnis für die Scooter-Fahrer im Winter: Tank- und Raststelle ohne km-Angaben.
Am Morgen des sechsten Tages waren meine Fußknöchel leider wieder sehr unangenehm aber ich wollte bei dem immer noch guten Wetter wenigstens ein bisschen vorankommen gen Norden und machte daher wieder den Kompromiss, es langsam angehen zu lassen und nicht zu weit zu laufen. Immerhin war ja mein Rucksack inzwischen etwas leichter geworden, zumal ich mir das Wasser-Schleppen abgewöhnt hatte, denn es gab eigentlich in ausreichend engen Abständen Bäche mit trinkbarem Wasser und selbst das Wasser aus den flachen Seen hätte man notfalls trinken können, da würde ich dann einfach eine Prise Micropur dazugeben, hatte ich natürlich auch dabei. Passend zur Mittagsrast erreichte ich die Hütte Drevfjällstugan und zum Abend die Hütte Id-Persätern, in deren Nähe ich wieder übernachtete.
Am nächsten Morgen konnte ich wegen der schmerzenden Sehnen an beiden Fußknöcheln kaum noch laufen ohne die Stöcke und mir war klar, dass ich die Tour wohl bei Erreichen der nächsten Straße abbrechen müsste. Ich verstehe es eigentlich nicht, dass ich diese Probleme bekam, denn so etwas hatte ich noch nie und außerdem hatte ich ja immer sehr viel Kraft auf die Arme und die Trekkingstöcke verlagert um das Fahrwerk zu entlasten. Muss wohl wirklich an den vielen Steinen und dem vielen Sumpf (und den dadurch auch ständig durchnässten Füßen) liegen ... Außerdem machte mir jetzt auch ein Sehne am linken Knie (innenseits) Beschwerden beim Anheben des linken Beines. Auch da gab es schon eine sichtbare Schwellung und eine Druckempfindlichkeit.
Aber die (nach Wegweiser) 13 km des Sommerweges (d.h. ca. 26 km, s. o.) bis zur nächsten Schutzhütte Röskåsen müsste ich heute schon schaffen, zumal das Wetter wieder super war, auch wenn es sich die letzten Tage auf die hiesigen Normalwerte von 5-10 Grad abgekühlt hatte. Leichte Nachtfröste hatte ich auch schon und es war mir dann etwas kühl trotz meines Daunenschlafsacks, liegt wohl an meinem niedrigen Blutdruck, der mich auch schlecht schlafen lässt ...
[[File:Bild 035.JPG|left|auto]] Gleich zu Anfang des Weges kam ich mal wieder vom Weg ab, fand aber mit Hilfe von GPS bald wieder auf den Weg zurück, so wie auch die letzten Male. Dies passierte immer dann, wenn so ein schwach markierter Trampelpfad an ein größeres Feuchtgebiet stößt und es keine Bretter da durch gibt. Dann verliert sich jede Spur, weil jeder Wanderer eine andere Möglichkeit sucht, halbwegs trockenen Fußes über den Sumpf zu kommen. Außerdem füllen sich die Spuren der vorangegangenen Wanderer mit Wasser, sodass man gezwungen wird, einen neuen Weg zu suchen. Auf der anderen trockeneren Seite angekommen, findet man dann oft nicht die meist sehr kleine und verblasste orangerote Markierung an einem Baum oder Stein. Man folgt dann irgendeinem Trampelpfad und stellt irgendwann fest, das da offensichtlich auch andere schon in die Irre gelaufen sind, weil dieser dann immer dünner wird (weil die “Umdreher-Quote“ weiter zunimmt).
An diesem Tag hatte ich den Eindruck in einem scheinbar endlosen Feuchtgebiet voller Wasser zu sein, was sich von Horizont zu Horizont erstreckte. Es war wie ein Meer und aus diesem Meer schauten kleine Inseln heraus, auf denen nur Büsche oder auch kleine, magere Bäume wuchsen, bei größeren Inselbergen waren die Bäume auch schon mal stattlicher. Der Wanderer durch diese eigentümliche Welt rettet sich von Insel zu Insel, immerfort die kürzeste und flachste Passage suchend.
Bald darauf passierte es wieder, dass ich auf der anderen Seite eines Feuchtgebietes den Weg nicht wieder fand. Diesmal lief ich sogar eine längere Strecke links und rechts quer, um unbedingt den Weg wieder zu finden, aber es gelang mir diesmal nicht. Ich lief dann einfach weiter und übte mich in dem im letzten Absatz beschriebenen “Insel-Hopping“, um dann bald einen markanten See mit GPS anzusteuern, an dessen Südspitze laut meiner Fjällkartan W1 der Wanderweg vorbeigehen sollte. Dort angekommen fand ich keine Spur des Weges, statt dessen ein großes Feuchtgebiet als südliche Verlängerung des Sees. Da ich nach Westen musste und nicht wieder einen riesigen Umweg machen wollte, musste ich da irgendwie durch ...
Das klappte zunächst auch ganz gut, auch wenn ich meist bedenklich tief einsank. Doch plötzlich brach mein rechtes Bein durch die Pflanzendecke und verschwand bis zum Knie in dem Morast. Ich versuchte vergeblich das Bein wieder herauszuziehen, es steckte fest und es lag nicht an der 20 kg Rucksack-Masse auf meinem Rücken. Es half nichts, ich musste mit den Händen das Pflanzengestrüpp um mein Bein herum herausreißen und es quasi frei graben. Ich kam frei und weiter ging es durch das Moosgras, nun aber mit weniger Respekt, denn der rechte Stiefel war eh’ voll Wasser und Torf. Bald kam ein breiter Bach mit kräftiger Strömung, keine Chance da trocken ’rüber zu kommen aber das war mir jetzt auch egal. Einfach durch mit den Stiefeln, auf der anderen Seite hab’ ich dann das Wasser ’rausgekippt und die Strümpfe ausgewrungen.
Stundenlang ging’s dann noch im Zickzack durch die Wildnis und niemals kreuzte ich den mysteriösen Wanderweg. Ich fand ihn nicht bis ich schließlich abends in der Schutzhütte Röskåsen ankam. Ich schätzte meinen Irrweg auf sehr unebenem Terrain auf etwa 10 km und bin der Meinung, dass der Wanderweg falsch auf der Karte eingetragen ist, auch wenn die mit Ausgabe April 2010 relativ neu war. Ich sägte und spaltete dann schnell etwas Brennholz und zündete den Ofen im Haus an und bald hingen darüber meine Strümpfe und Schuhe, die waren immer noch vollkommen nass! Mein Zelt hatte ich dicht am Haus aufgeschlagen und als es dunkel war zog ich mich dahin zurück.
Kaum war ich drin, hörte ich menschliche Stimmen. Ich dachte schon, jetzt spinnst Du, aber da waren sie wieder, ganz deutlich. Ich ging noch mal ins Haus und siehe da, ein junges schwedisches Pärchen war gerade eingetroffen. Die kamen aus der Gegenrichtung und hatten sich auch verirrt, obwohl sie ein ganz neues Garmin GPS-Gerät eingeschaltet hatten, in welchem sogar Kartenmaterial einschließlich der Wanderwege eingespeichert war und auch ihre Route rot markiert war (Farbdisplay!, muss mir auch mal ein neues Gerät leisten...). Sie waren sehr froh, dass ich so schön eingeheizt hatte und ihnen das Haus überließ, denn sie hatten kein Zelt dabei. Während ich mich dann wieder in das Zelt verzog haben sie sich dann noch ein anscheinend aufwendiges Abendessen bereitet, denn beim Frühstück am nächsten Morgen fand ich an dem Platz am Tisch, wo ich gestern saß und noch meine Müsli-Tüten standen, eine große Öllache und Zwiebelreste auf dem Wachstuch, welches auch einen Schnitt aufwies, der da gestern noch nicht war. Ich musste also meine Tischecke erstmal säubern und dann gab’ s zur Abwechslung mal wieder Müsli, während die Schweden ausgiebig frühstückten. Die schienen nur zum Picknicken hier unterwegs zu sein und machten wohl nur eine Wochenendtour.
[[File:Bild 038.JPG|left|auto]] Am Morgen des achten Tages zeigten sich natürlich auch die Folgen der Gewalttour des Vortages. Es ging nur noch sehr langsam und mit massivem Stock-Einsatz voran, die Fußknöchel waren noch schlimmer geworden, fühlten sich aber im Laufe des Tages mit zunehmender Betätigung wieder besser. So schaffte ich bis abends doch immerhin etwa 15 km und übernachtete bei einem Windschutz, welcher nicht mehr weit von der Straße bei der Siedlung Flötningen entfernt war.
Bild links: so sehen markierte Wanderwege manchmal aus!
[[File:Bild 039.JPG|left|auto]] Der nächste Tag startete zum Glück noch trocken, aber nachdem ich losgelaufen war, fing es an zu nieseln, und das blieb so bis zum frühen Nachmittag. Die ungewöhnlich stabil für 8 Tage schöne Wetterlage schien sich jetzt zu ändern, aber das war nicht schlimm, denn ich hatte nur noch wenige km bis zur Straße und würde ja dann den Rückweg antreten. Vorher musste ich aber noch über einen breiten Bach mit guter Strömung, wo die Holzbrücke bei irgendeinem Hochwasser wohl zerstört worden war. Dieses Mal waren die Schuhe innen noch trocken, also zog ich sie aus, steckte die Strümpfe ’rein und warf sie auf das gegenüberliegende Ufer. Dann ging es barfuß durch den Bach, knietief war es an der tiefsten Stelle (Bild links).
An der Straße angekommen am östlichen Ende von Flötningen fand ich dort sogar eine Bushaltestelle, aber mir war klar, dass hier in dieser Einöde heute kein Bus fährt, denn es war ausgerechnet Sonntag. Um nicht in der Kälte ’rumzuhängen lief ich dann die Straße schon mal weiter in Richtung des Ortes Idre. Dort vereinen sich die Flüsse Storån und Sörälven zur Österdalälven, ein wunderschönes Flusstal mit vielen einladenden freien Camp-Plätzen (die sind sogar teilweise ausgeschildert als “Lagerplats“). Meine Füße trugen mich noch etwa 16 km weit (jetzt mal normale Straßenkilometer) über den sogenannten “Kopparleden“ und dann zeltete ich an einer hübschen Stelle, nicht weit von einer Bushaltestelle entfernt (auch dort leider kein Fahrplan ausgehängt).
Am zehnten Tag war ich früh auf, denn ich rechnete mit einem Bus so gegen 7 Uhr, welcher die Kinder zur Schule nach Idre bringt. Und richtig, um etwa halb sieben kam er aus der Gegenrichtung und es würde wohl nur 20 Minuten dauern, bis er in Flötningen umgedreht und wieder hier wäre. Also schnell die Reste zusammengepackt und ab zur Bushaltestelle. Keine fünf Minuten gewartet, kam er tatsächlich und brachte mich nach Idre. Dort stieg ich in einen Bus der bis nach Mora fährt, den ich aber nur die kurze Strecke bis zum Ort Särna nutzen konnte, da mir der Umweg über Mora zu lang und teuer geworden wäre.
In Särna gab es zu meiner Überraschung und entgegen der Aussage des Busfahrers keinen Bus, welcher die Straße Richtung Sälen und Malung befährt. Mir blieb also nun nichts anderes übrig, als ’mal den Daumen ’rauszuhalten und nach einer Stunde hatte ich Glück. Immerhin waren in der Zeit höchstens 10 Autos an mir vorbeigefahren, von denen die meisten wahrscheinlich gar nicht den Ort verlassen wollten, denn ich stand ja noch innerhalb des Ortes gleich hinter dem entsprechenden Abzweig. Ein sehr freundlicher Rohrleitungsbauer, mit dem ich mich bestens auf Englisch unterhalten konnte, nahm mich in seinem großen Pick-up mit bis direkt nach Sälen. Nun musste ich nur noch zurück zum Högfjällshotellet und da ich nicht lange auf den Bus warten wollte, legte ich die letzten 10 Straßenkilometer nochmal zu Fuß zurück und es ging leider stetig bergauf ...
Da stand zum Glück immer noch und unversehrt mein TP3, mit dem ich mich dann alsbald auf den Rückweg machte. Ich fuhr dann bis zu einem wunderschönen Platz am Ufer des Flusses Västerdalälven und machte mir erst mal wieder einen richtigen Kaffee mit der bordeigenen Küche. Dann ging es weiter bis zu einem schönen Übernachtungsplatz an einem See kurz vor Laxå (hinter Karlskoga). Was für ein Luxus mal wieder auf 10 cm Schaumstoff zu schlafen! Am nächsten Tag gegen Mittag war ich dann wieder in meiner schwedischen Oase. Das Gras war dort schon wieder gewachsen und die Mücken waren immer noch da ...
Was fehlt noch?
Ach ja, fast überall während meiner Wanderung fand ich reife Blaubeeren, so dass eine Mindest-Vitaminversorgung sichergestellt war.
Aufgefallen ist mir auch im Nachhinein, dass ich überhaupt keine Säugetiere gesehen habe! Das mag wohl auch daran gelegen haben, dass ich ständig den schwierigen Untergrund im Auge behalten musste. Dabei gibt es ja sogar Bären dort und neuerdings sogar ein paar Wölfe.
Dass ich so wenig Wanderer und überhaupt keinen Weitwanderer auf dem berühmten Kungsleden getroffen habe, finde ich immer noch erstaunlich, denn das Wetter war ja super. In den Gästebüchern der Schutzhütten, wo der Wanderer sich mit Datum und nächstem Wanderziel immer eintragen soll, fanden sich auch nur wenige Einträge aus jüngerer Zeit. Immerhin waren da auch einige wenige aus dem Juli und August. Da muss es ja noch nasser gewesen sein, zusätzlich auch noch von oben und dazu viel zu warm zum Rucksackschleppen und total mückenverseucht! Meine allergrößte Hochachtung gilt diesen Sommer-Wanderern, das wäre nichts für mich!
Wenn die Umstände es zulassen (zum Beispiel der Klimawandel), würde ich gerne im nächsten Jahr den nördlichen Teil des südlichen Kungsleden erwandern. Der sieht nämlich interessanter aus und ich habe ja dieses Mal nur ein gutes Drittel des Weges geschafft. Natürlich nur, wenn meine Fußknöchel sich bis dann erholt haben. Im Moment, gut eine Woche danach, schmerzen sie immer noch und ich kann nicht richtig laufen und wenn ich es doch tue, wird’s schlimmer. Das ist für mich so ziemlich das Schlimmste, nicht laufen zu können. Meine Diagnose nach Konsultation des Medizin-Lexikons lautet nun leider: multiple Sehnenscheidenentzündung. Wie gesagt, ganz neue Lebenserfahrung, verstehe es überhaupt nicht, macht die Art und Länge des Weges wirklich diesen Unterschied oder ist es das Alter, bin ja leider gerade 60 geworden ...
Na ja, auf jeden Fall war das Laufen auf extrem unebenem oder nachgebendem Untergrund (und dann noch mit schwerem Rucksack) das perfekte Training für die Kräftigung der tiefliegenden Muskulatur der LWS (Lendenwirbelsäule), was wir zivilisierten Menschen alle mehr oder weniger nötig haben, neigen wir doch alle zu Protusionen der Bandscheiben mit zunehmendem Alter, mein Rücken fühlt sich jedenfalls besser an als vor 30 Jahren. Und meine momentane Immobilität gab mir jedenfalls die Muße, diesen Reisebericht zu schreiben.
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Vorwort:
Nachdem ich in den letzten beiden Jahren auf dem relativ jungen schwedischen Kungsleden Süd gewandert bin, wollte ich mir diesmal das Original ansehen, den eigentlichen, über 100 Jahre alten “Kungsleden“, und zwar die nördliche Hälfte von Kvikkjokk nach Abisko mit einer ’Netto-Weglänge’ von 220 Kilometern. Dieser Weg liegt nördlich des Polarkreises, streift den “Sarek Nationalpark“ und geht dicht am höchsten Berg Schwedens vorbei, dem “Kebnekaise“.
Dieser Weg ist sehr populär und es laufen sehr viel mehr Wanderer dort und so erwartete ich keine unüberwindlichen Schwierigkeiten. Damit habe ich Recht behalten, denn es gab keine richtigen Probleme, ganz im Gegensatz zu dem sehr einsamen Kungsleden Süd, der aber wahrscheinlich auch im Laufe der Jahre besser werden wird. So hatte ich ja letztes Jahr im nördlichen Teil sehr viele neue Boardwalks gesehen. Hier dagegen waren sie alle ziemlich alt und oft schadhaft, aber es machte trotzdem keine Probleme, da es einen sehr trockenen Sommer mit Rekordtemperaturen hier oben im Norden gegeben hatte. Die Wege waren diesmal nicht zu verfehlen: ich habe mich diesmal also nicht verlaufen und mein GPS-Gerät nicht zwingend gebraucht.
Charakteristisch für diesen Wanderweg ist das fast ständige Laufen über Steine aller Art. Der Weg ist eben im wortwörtlichen Sinne ausgetreten von den vielen Wanderern. Wenn der torfartige Moorboden, der fast überall in dünner Schicht vorhanden ist, zerstört ist, bleiben halt nur noch die Steine übrig. Durch Erosion verschwindet dann auch noch der letzte Boden und sammelt sich dann teilweise wieder in den Senken, wo er dann bei Regenwetter zu herrlichem Schlamm wird.
Charakteristisch für den Kungsleden Süd, besonders den südlichen Teil, ist dagegen das Stapfen durch das Moor, verbunden mit ständig nassen Füßen, es sei dann man benutzt Angler-Stiefel. Wer also das große Abenteuer und völlige Einsamkeit sucht, ist dort besser aufgehoben.
Während es beim Kungsleden Süd viele leere Rasthütten gibt, welche offen stehen für eine Rast oder bei schlechtem Wetter vielleicht sogar für eine Übernachtung, gibt es auf dem alten Kungsleden nur bewirtschaftete STF-Hütten (STF = Svenska Turist Foreningen), wo sogar die Tagesrast was kostet und die Übernachtung stolze 395 oder 430 SEK (SEK = Schwedische Kronen). Für STF-Mitglieder, was die meisten Wanderer sind, ist es billiger. Dafür bekommt man üblicherweise ein einfaches Bett ohne Bettwäsche in einem unbeheiztem Mehrbettzimmer, Küchenbenutzung mit Gaskochern, vielleicht einen Trockenraum für die nassen Klamotten, Wasser aus dem Bach und natürlich Außenklo. Viele der Hütten haben einen kleinen Laden, wo man seinen Reiseproviant auffrischen kann, zu etwa dreifachen Preisen, denn alles wird per Hubschrauber eingeflogen, welche man dort auch öfter in der Luft sieht, zumal sich einige Wanderer in schwer zugängliche Gebirgsregionen einfliegen und auch wieder abholen lassen. Ich habe von diesen Läden natürlich nicht Gebrauch gemacht, denn für mich besteht ja der Reiz meiner Trekkingtour darin, vollkommen autark, also frei und unabhängig zu sein.
Was mir hier noch auffiel war, dass es viele junge Wanderer gab, welche fast alle Deutsche waren und, wie mir ein Hüttenwirt versicherte, fast alle aus Mannheim (wieso eigentlich Mannheim?) und noch sehr viel mehr ältere Wanderer, oft älter als ich (das waren dann aber die berüchtigten ’Alten Schweden’) und außerdem eine erstaunliche Anzahl von alleine wandernden Frauen mit großen Rucksäcken, oft sogar ohne Trekkingstöcke! Aber nur die wenigsten nächtigten im eigenen Zelt, sondern wanderten von Hütte zu Hütte.
Ich habe auf dieser Tour wieder reichlich Blaubeeren essen können, auf die angeblich essbaren Multebeeren, die es nur in dieser Gegend geben soll, habe ich erstmal verzichtet. Ich habe die erstaunlichsten Vogelarten gesehen, welche mir bisher unbekannt waren. Kleine Laufhühner-Vögel beschwerten sich manchmal lauthals über meine Anwesenheit. So soll es ja im Abisko Nationalpark 213 Vogelarten geben! Und wenn ich auf manches Boardwalk stieg, flitzten darunter im Zickzack, oft viele Meter weit, aufgeschreckte mäuseähnliche, teilweise gestreifte, kleine Vierbeiner. Auch konnte ich an einem Biwakplatz mal aus nächster Entfernung eine Maus beobachten, wie sie an grünen Grashalmen knabberte (?!). _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Ich begann meine Tour diesmal schon Ende August, weil ich ja weit in den Norden wollte und keine Winterausrüstung mitschleppen wollte. Außerdem gab es eine günstige Wetterprognose für die ersten Tage der Tour. Der relativ frühe Zeitpunkt hatte allerdings dann den Nachteil, dass ich dieses Mal doch vereinzelt noch auf Mücken gestoßen bin und an manchen Seeufern auf die fiesen kleinen “Knotts“ (zu deutsch: Kriebelmücken).
Aufgrund der Länge des Weges und Unmöglichkeit der Abkürzung - das heißt, es gab nur die Möglichkeit der Umkehr oder dem Durchhalten bis Abisko - rechnete ich wirklich mit jedem Gramm an Rucksackgewicht. So wog beispielsweise meine selbstgebastelte Zeltleuchte ganze 18 g, das ’Rucksack-Kraftwerk’, ein kleines Solarmodul einschließlich Li-Ion Akkuzelle mit 2,9 Ah und Voltmeter zur Spannungsprüfung komplett nur 130 g. Letzteres lieferte Energie im Überfluss zum Aufladen des Handy-Akkus, jedenfalls bei sonnigem Wetter.
Ich rechnete mit 2 bis 3 Wochen Wanderzeit und packte für etwa 2 Wochen Nahrungsmittel ein, natürlich wieder hauptsächlich zuckerfreies Basis-Müsli und Vollmilchpulver. Beides esse ich sonst nie (zumal Milch für Erwachsene ja ungesund sein soll) und bleibt ausschließlich solchen Extremtouren vorbehalten. Der Proviant wog dann alleine immerhin 5,6 kg. Die Kleidung wog einschließlich Sandalen 3,05 kg. Mein neues Zweimannzelt Hubba Hubba HP von MSR wog einschließlich zusätzlicher Boden-Schutzplane nur 2,1 kg. Natürlich hatte ich nur eine Schaumstoffmatte und keine anfällige Luftmatratze. So kam ich auf ein Startgewicht des Rucksackes von nur 18.8 kg ohne Wasser, jedenfalls solange nicht die schweren Lederstiefel daran hingen, was dann später gelegentlich der Fall war. Auf einen Kochtopf hatte ich verzichtet, wegen des Gewichts und weil ich keine gute Holzversorgung auf diesen Wegen erwartet hatte, was sich tatsächlich bestätigte.
Auf Grund der riesigen Entfernung reiste ich dieses Mal nicht von meiner Eremitage in Småland aus mit dem Auto an, sondern mit öffentlichen Verkehrsmitteln direkt von Berlin. Die erste Etappe nach Kopenhagen sollte wie üblich mit dem Bus erfolgen, dem Klima zuliebe (das eh’ nicht mehr zu retten ist), doch die Wartezeit dort bis zum Antritt der Zugreise war mir zu lang, sodass ich ausnahmsweise auf einen preiswerten SAS-Flug zurückgriff, die Anreise würde ohnehin schon sehr lange dauern. Dazu musste ich erstmals einen großen Rucksack als Gepäck aufgeben und da hört man ja abenteuerliche Dinge. Die einen sagen: kein Problem, solange nicht irgendwelche Gurte ’rumhängen, welche sich in Gepäckbändern verfangen können. Andere berichten über Beschädigungen durch schlechte Handhabung des Bodenpersonals und fast jede Beschädigung führt ja bei solchen ’auf Kante genähten’ Unternehmungen unweigerlich zum vorzeitigen Abbruch. Also packte ich den Rucksack erstmal speziell für den Lufttransport und packte auch die Trekkingstöcke hinein, die sperrigen Hüftgurte schnallte ich kurzerhand auf der Rückseite des Rucksacks zusammen, was sie dann auch klaglos überstanden. So hatte der Rucksack eine sehr kompakte und rundliche Form und kam auch wohlbehalten an. Die Wanderstiefel und den Anreise-Proviant trug ich in einer extra Plastiktüte als Handgepäck.
So stehe ich dann schwerbeladen am Flughafen in Kopenhagen, wie auf Bild 1 zu sehen ist: [[File:Kungsleden Nord 001.JPG|none|auto]]
Der Bahnhof befindet sich ja gleich direkt unter dem Haupteingang des Flughafens. Dort geht es dann mit dem Schnellzug innerhalb von 3,5 Stunden nach Norrköping, mit einem Regionalzug weiter nach Västerås. Dort steige ich dann in den Nachtzug, der mich dann in rund 14,5 Stunden nach Boden bringt, mit 1,5 Stunden Verspätung. Die Strecke ist eingleisig und wenn man anfangs eine Verspätung hat, kippt die ganze Planung, da der Zug dann ständig an Ausweichstellen länger als geplant auf den Gegenzug warten muss, und die Verspätung wird immer größer. Ich hatte ein 3-Bett-Abteil gebucht und teilte dies mit einem älteren Wanderer, der in Umeå aussteigen und dann nach Ammarnäs wollte und nun den Anschluss verpasst hatte. Der war aber ganz überzeugt davon, dass die Bahn ihm notfalls auch ein Taxi stellen würde für die restlichen 350 Km, da er ja die Strecke komplett bei der Bahn gebucht hatte. “They have to fix it!“ sagte er mehrmals. Ich bin auch schon mal auf Kosten der schwedischen Bahn mit dem Taxi gefahren. Jetzt wird mir aber mein Fehler schlagartig bewusst: ich hatte die letzten beiden Busfahrten zum Ziel Kvikkjokk nicht mitgebucht, sondern wollte sie vor Ort bezahlen, um flexibler zu sein und Kosten zu sparen. Das war grundfalsch, denn eigentlich weiß ich ja aus Erfahrung, dass es öfter Verspätungen mit den dann folgenden Anschlussproblemen gibt und die Bahn dann ganz konsequent alles regelt, fast egal was es kostet!
In Boden wartet der “Artic Circle Train“, welcher von Lulea bis nach Narvik fährt, tatsächlich immer noch auf die Reisenden des Nachtzuges aus dem Süden! Dann geht es aber sofort weiter und ich fahre bis Murjek, um dort mit dem Bus nach Jokkmokk zu fahren. Bild 2 zeigt das Bahnhofsgebäude von Murjek und eine Säule, wo an den “Art. 19 Human Rights“ erinnert wird:
Bild 2: [[File:Kungsleden Nord 002.JPG|none|auto]]
Das war wohl die längste Bahnfahrt meines Lebens! Der richtige Bus nach Jokkmokk war natürlich weg, aber es gibt noch einen späteren. Ganz anders die Fahrt nach Kvikkjokk: Die gibt es nur einmal am Tag! Ich klagte dem Zugschaffner mein Leid, das ich nun einen Tag in Jokkmokk ’rumhängen müsste, aber er verwies mich natürlich auf die Tatsache, dass ich die Busreisen nicht bei der Bahn mitgebucht hatte. Es gab noch zwei weitere Reisende, die genau mein Schicksal teilen müssten. Aber dann beim Aussteigen in Murjek die Überraschung: der Schaffner teilt uns mit, dass in Jokkmokk ein Taxi auf uns warten würde und uns ins rund 130 Km entfernte Kvikkjokk fahren würde! Jetzt muss ich wieder mal sagen: das ist Schweden!
Als wir also in Jokkmokk ankommen, steht da ein fast neuer Mercedes Kombi. Die nette schwedische Taxifahrerin bringt uns mit ’Highspeed’ nach Kvikkjokk, auf dem Taxameter steht: “Fastpris 3000 SEK“ – gut, dass wir das nicht bezahlen brauchen! Und haben sogar die Busfahrkarte gespart! Wir kommen sogar noch kurz vor dem geplanten Bus an und die Taxifahrerin lässt es sich auch nicht nehmen, uns direkt über einen sehr schlechten steilen Weg bis zur Fjällstation zu bringen. Als ich sie für die schnelle Fahrt (ernsthaft) lobe, entschuldigt sie sich ganz bescheiden dafür! Leider muss sie wieder leer zurück nach Jokkmokk fahren.
Die beiden anderen Reisenden quartieren sich in der Fjällstation ein, und ich beginne nun meine Wanderung auf dem Kungsleden. Zuvor will ich noch meine Frau anrufen und Bescheid sagen, dass ich wie geplant in Kvikkjokk angekommen bin, aber da ist, für mich sehr überraschend, gar kein Telefonnetz mehr da, jedenfalls kein E-Netz! Nach einigen Kilometern finde ich einen passenden Biwakplatz und baue zum ersten Mal mein neues ’Hitech’-Zelt auf. Das ist ganz einfach: Bodenschutzplane auslegen, drauflegen und prüfen, ob man gut liegen kann, genau darüber das Innenzelt ausbreiten, das aus 6 Segmenten bestehende (aber einteilige) Alugestänge durch Biegung in die 4 Ecken von Plane und Innenzelt stecken, dann letzteres mit 8 Clips an das Gestänge hängen und mit 2 Schlaufen an die Extra-Querstange, dann das Außenzelt drüberlegen, ausrichten und schließlich mit maximal 8 Heringen das Ganze befestigen und verspannen, fertig (siehe auch Bild 23 und 31)! Die Grundfläche ist kaum größer als bei meinem alten Zelt, aber das innere Volumen beträgt ein Vielfaches, denn ich kann fast überall aufrecht sitzen. Die Abendtemperatur beträgt immerhin 8° und es ist hell bis 21 Uhr, selbst um 22 Uhr kann man noch was sehen.
Nach dem kurzen Probelauf am Vorabend geht es nun richtig los, zunächst weiterhin durch Nadelwald in nur rund 500 Metern Höhe über N.N. Am Nachmittag überschreite ich nördlich der Pårtestugan die Grenze des Sarek Nationalpark. Die Landschaft ändert sich noch wenig, ich überschreite das Flüsschen Kallakjåkkå (Bild 5) und um 20 Uhr schlage ich mein Zelt bei der Rittak Rastskydd auf. Temperatur 5° und 850 Meter Höhe.
Bild 3: [[File:Kungsleden Nord 003.JPG|none|auto]] Beginn des "Sareks Nationalpark" Bild 4: [[File:Kungsleden Nord 004.JPG|none|auto]]
Bild 5: [[File:Kungsleden Nord 005.JPG|none|auto]] Wasserfall am Kallakjåkkå
Am nächsten Tag geht es weiter Richtung Aktse. Das Wetter bleibt trocken, windarm und wird immer sonniger. Bild 6 wirft einen Blick auf den Berg Tjakkeli, welcher am südöstlichen Ende des legendären Rapadalen liegt, des angeblich schönsten Tals Schwedens und Hauptanziehungspunkt für alle Sarek-Besucher. Dort soll es schon einige Trampelpfade geben, wenn auch, wie überall im Sarek, ohne Markierungen.
Bild 6: [[File:Kungsleden Nord 006.JPG|none|auto]]
Auf Bild 7 erblickt man den See Tjaktajaure und Bild 8 zeigt die Brücke über den Suobbatjåkkå. Am Mittag erreiche ich den Laitaure. In diesen See mündet der Fluss Rapaätno des Rapadalen über das einzigartige Laitaure-Delta. Den Sarek Nationalpark habe ich jetzt wieder verlassen.
Bild 7: [[File:Kungsleden Nord 007.JPG|none|auto]] Bild 8: [[File:Kungsleden Nord 008.JPG|none|auto]]
Ich schnappe mir eines der STF-Ruderboote und nun kommt auch eine junge schwedische Wanderin hier an, welche mich zuvor schon zweimal überholt hat und die ich dann bewundert habe, wie sie schnellen Schrittes ohne Treckingstöcke über die steinigen Pfade ’schwebt’. Ja, es gibt zwei Möglichkeiten über diese Pfade zu laufen, entweder langsam und kräftesparend, jeden Stein in Lage, Form und Größe einschätzend oder so schnell, dass man gar nicht Zeit hat hinzufallen, falls man mal abrutscht oder daneben tritt, aber dazu braucht man viel Kraft und entsprechende Pausen. Jedenfalls biete ich an, sie mitzunehmen, aber sie möchte lieber stundenlang (bis 17 Uhr) auf das Motorboot warten! Sagt sie doch glatt, es wäre dann zu schwer für mich, naja, billige Ausrede, denn das stimmt gar nicht. Man sitzt nämlich als Ruderer sehr weit vorne in dem komischen Ruderboot, so dass der Bug zu tief eintaucht und eine zweite Person im Heck sitzend eher den Strömungswiderstand verringern würde. Also rudere ich alleine los, was zunächst schwer fällt, weil die Boote keine Ruderdollen haben sondern die Ruder einfach durch eine kleine Seilschlinge, an einem hochkant stehenden Brett als Anschlag, geführt werden. Das bedeutet, dass man beim Rudern mindestens zwei Freiheitsgrade der Bewegung mehr hat. Da aber kein Wind weht, schaffe ich die 4 Km (wegen kleiner Umwege) bis zum gegenüberliegenden Ufer in einer guten Stunde (Bild 9).
Bild 9: [[File:Kungsleden Nord 009.JPG|none|auto]]
Dort liegt die winzige Ansiedlung Aktse und jetzt geht der Weg 500 Meter hinauf. Um einen Blick in das Rapadalen zu haben, müsste ich jetzt einen Abstecher westlich zum Berg Skierfe machen, aber das macht nur Sinn bei exzellenter Sicht und überschüssigen Kräften, über die ich leider nicht verfüge. Stattdessen werfe ich einen Blick zurück auf den Laitaure mit Bild 10.
Bild 10: [[File:Kungsleden Nord 010.JPG|none|auto]]
Bild 11 zeigt mal drei halbzahme Rentiere, welche hier überall ’rumlaufen und sich gerne auf den Hügelkuppen aufhalten, wahrscheinlich der besseren Übersicht wegen.
Bild 11: [[File:Kungsleden Nord 011.JPG|none|auto]]
Aus noch größerer Höhe sieht man nicht nur den Laitaure sondern auch noch den Tjaktajaure im Hintergrund (Bild 12 und weiter östlich noch Bild 13).
Bild 12: [[File:Kungsleden Nord 012.JPG|none|auto]] Bild 13: [[File:Kungsleden Nord 013.JPG|none|auto]]
Nun geht es wieder bergab und weiter nördlich sieht man schon die nächsten Seen, Sitojaure und Kåbtajaure (Bild 14).
Bild 14: [[File:Kungsleden Nord 014.JPG|none|auto]]
Im Birkenwald des Talhanges finde ich einen ebenen Platz zum Zelten etwa 1 Km vor dem Bootsableger bei Svine. Die Wolken verschwinden immer mehr und die Abendtemperatur beträgt nur noch 0°. Es gibt weiterhin kein Telefonnetz und ich laufe deswegen bereits etwas länger als geplant, immer in der Hoffnung, im nächsten Tal vielleicht wieder Empfang zu haben.
Am nächsten Morgen sind es –3° und das Außenzelt ist total vereist. Ich versuche das Eis zu entfernen und das Zelt zu trocknen (Bild 15).
Bild 15: [[File:Kungsleden Nord 015.JPG|none|auto]]
Bei sonnigstem Wetter rudere ich über den Kåbtajaure zur Sitojaurestugorna (Bild 16).
Bild 16: [[File:Kungsleden Nord 016.JPG|none|auto]]
Das Boot hat wieder die gleichen Mängel wie am Tag zuvor, vielleicht damit die Leute nicht aus Spaß auf dem See herumrudern. Es sind wieder mindestens 4 Km, da ich zum Ende hin die falsche Route einschlage und wegen vieler Steine im flachen Wasser wieder umkehren muss. Ich sehe jetzt, wo das Motorboot lang fährt und verstehe nun auch den Sinn der vielen Stangen im Wasser. Beim Versuch das Ruderboot auf eine schräge Holzrampe am Ufer zu ziehen, rutsche ich aus und falle ins Wasser – hüfttief. Ich ziehe alles aus, um das Wasser aus den Hosentaschen und Stiefeln zu kippen und die Sachen auszuwringen. Gern hätte ich die Sachen in der herrlichen Sonne noch etwas vorgetrocknet, aber diese Absicht wurde verhindert durch einen Frontalangriff von Knotts. Ich ziehe also alles wieder an, die Sonne wird das wohl auch beim Laufen trocknen. Nur die Stiefel binde ich an den Rucksack und laufe ab jetzt mit Sandalen weiter, da die Wegstrecke weiterhin trocken ist und meine Zehen sowieso dringend Entlastung brauchen von der Schuh-Enge.
Bild 17: [[File:Kungsleden Nord 017.JPG|none|auto]]
Bild 17 zeigt wie rot Blaubeerpflanzen im Herbst werden können! Der Weg geht jetzt fast genau nach Norden durch ein Hochtal. Dort sind auch die Bilder 18-21 entstanden.
Bild 18: [[File:Kungsleden Nord 018.JPG|none|auto]] Bild 19: [[File:Kungsleden Nord 019.JPG|none|auto]] Auf dem Weg nach Sáltoluokta
Bild 20: [[File:Kungsleden Nord 020.JPG|none|auto]] Bild 21: [[File:Kungsleden Nord 021.JPG|none|auto]] Auf dem Weg nach Sáltoluokta
Es zeigt sich, dass es ganz prima mit den ganz dünnen Sandalen geht, solange es trocken ist, auch bergauf und bergab. Man hat ja dann viel mehr Gefühl im Fuß für den schwierigen Untergrund als mit den steifen Stiefeln. Ich kann überhaupt nicht bestätigen, dass man dann leichter umknickt. Ich bin ja schon lange der Ansicht, dass man zum Laufen möglichst wenig Schuhwerk an den Füssen haben sollte und benutze dies auch seit Jahren ganz bewusst nur als Schutz gegen Kälte, Nässe und scharfkantigen Untergrund, und versuche so oft wie möglich ohne auszukommen. Ich zelte wieder am nächsten Talhang, wo es hinunter geht zum nur 375 Meter hoch liegenden See Sáltoluokta und habe freie Sicht darauf, wie Bild 22 zeigt und Bild 23 am nächsten Morgen.
Bild 22: [[File:Kungsleden Nord 022.JPG|none|auto]] Bild 23: [[File:Kungsleden Nord 023.JPG|none|auto]]
Bei sonnigem und fast windstillem Wetter geht es hinunter zur Fjällstation Saltoluokta. Hier gibt es sogar ein Telefonnetz und es ist unheimlich viel los: viele Gebäude und viele Touristen. Aber es gibt keine Ruderboote, na logisch, sind ja auch nur 2 Km bis Kebnats am anderen Ufer, da könnte ja jeder rudern! Aber es gibt ein relativ großes Motorboot und auf dem Steg sammeln sich derart viele Touristen, dass ich schon Angst habe, nicht mitzukommen, obwohl ich als erster da war. Aber es klappt, kostet 150 SEK, für STF-Mitglieder nur 100 SEK (Bild 24). Auf der anderen Seite gibt es eine richtige Landstraße und einen Bus nach Gällivare, daher also die vielen Touristen. Aber ich muss ja in die andere Richtung. Der Kungsleden läuft hier über 32 Km Straße bis Vakkotavare. Ein Schwede auf dem Boot erzählt mir, dass es dort den Bus nur in der Hochsaison gibt, aber das stört mich nicht großartig, weil ich auf das Laufen sowieso mental vorbereitet bin. Mit Sandalen läuft es sich ja prima auf Asphalt und die Strecke ist hübsch, mehr oder weniger immer am See entlang. Das Telefonnetz ist schon wieder weg, ein sehr flüchtiges Wesen in dieser Gegend!
Ich laufe also in Kebnats als Einziger los aber niemand folgt mir. Ich mache eine kurze Pause – noch immer kommt niemand. Bei Vietas gibt es einen Hubschrauber-Platz mit sehr regem Flugverkehr, was ich auf den Bildern 25-27 versucht habe festzuhalten.
Bild 25: [[File:Kungsleden Nord 025.JPG|none|auto]] Bild 26: [[File:Kungsleden Nord 026.JPG|none|auto]] Bild 27: [[File:Kungsleden Nord 027.JPG|none|auto]]
Ich erreiche dann Stora Sjöfallet, wo jetzt eine große Staumauer steht. In dieser Gegend gibt es mehrere Wasserkraftwerke und die folgenden Seen nordwestlich sind aufgestaut und haben unschöne steinige Uferwände. Die offizielle Straße endet hier, aber eine kleine, im Winter nicht geräumte Asphaltstraße geht noch weit hinein ins Fjäll. Bald darauf mache ich eine längere Badepause an einer, ganz selten vorkommenden, sandigen Bucht im Gårtjejávrre (=Gårtjejaure). Das Wasser ist recht kühl, aber die Sonne scheint erbarmungslos vom Himmel und ich habe es langsam nötig. Verdächtigerweise folgt mir immer noch keiner der Wanderer, welche ich auf dem Boot getroffen habe. Die Straße geht weiter entlang des Suorvajaure und plötzlich überholt mich ein Linienbus. Da sitzen die anderen Kungsleden-Wanderer drin und lassen sich bequem bis nach Vakkotavare fahren! Ich erreiche dieses Ziel heute nicht mehr, denn ich bin am Ende und suche mir nach 28 Km Straße einen Übernachtungsplatz. Es ist immer noch wolkenlos. Um einen Sonnenstich zu vermeiden habe ich mir mein Hemd während des ganzen Weges um den Kopf und Hals geschlungen, sah sicher sehr merkwürdig aus. An diesem Tag bin ich mindestens 30 Km gelaufen, mit schwerem Rucksack plus der Stiefel.
Am nächsten Morgen lege ich die 4 restlichen Straßenkilometer zurück bis Vakkotavare, wo es dann vom See aus wiederum steil nach oben in die Berge geht bis auf rund 950 Meter Höhe, um dann wieder hinunterzugehen in das nächste Tal, wo der See Teusajaure liegt. Bild 28 zeigt noch mal den Blick zurück auf den Suorvajaure während des Aufstiegs und Bild 29 mal eine typische schlechte Wegstrecke. In der Ferne sieht man Richtung Süden noch einige Gipfel des Sarekk (Bild 30). Kurz vor dem Teusajaure schlage ich wieder am Hang im Birkenwald mein Nachtlager auf (Bild 31, Zelt ohne Außenzelt). Hier gibt es oft auf kleinster Fläche mehr als 3 Beerensorten gleichzeitig (Bild 32).
Bild 28: [[File:Kungsleden Nord 028.JPG|none|auto]] Bild 29: [[File:Kungsleden Nord 029.JPG|none|auto]] Bild 30 [[File:Kungsleden Nord 030.JPG|none|auto]]
Bild 31 [[File:Kungsleden Nord 031.JPG|none|auto]] Bild 32: [[File:Kungsleden Nord 032.JPG|none|auto]]
Sehr früh am nächsten Tag bin ich dann schon am Ufer des Teusajaure und steige in das letzte dort liegende Ruderboot. Wenn jetzt nicht bald jemand von drüben herüberkommt, müsste ich mit einem zweiten Boot im Schlepp zurück, dieses auf das Ufer ziehen und dann ein drittes Mal mit dem Boot ’rüber. Da es diesmal nur etwa ein Kilometer ist, gehe ich dieses Risiko ein. Zu meinem Glück ist auf der anderen Seite gerade jemand im Begriff in Gegenrichtung zu starten, und so bleibt mir dies erspart. Trotzdem muss ich mal sagen, dass ich dieses System mit den STF-Ruderbooten als sehr ungenügend bzw. unfair empfinde. Es sind immer nur gerade drei Boote im Einsatz, so dass man eine 50 prozentige Chance hat auf das letzte Boot zu stoßen. Und dann drei Mal bis zu vier Kilometer zu rudern, womöglich bei schlechtem oder sogar stürmischem Wetter, ist einfach unzumutbar, zumal die Ruderdollen fehlen! Und die meist privat betriebenen Motorboote denken überhaupt nicht daran, mal ein leeres Boot in Schlepp zu nehmen, selbst wenn alle drei Boote auf einer Seite liegen.
Nun geht es weiter Richtung Kaitumjaurestugorna, welche ich am späten Mittag erreiche. Kurz dahinter noch mal ein Blick zurück auf den See Padje Kaitumjaure (Bild 33).
Bild 33: [[File:Kungsleden Nord 033.JPG|none|auto]]
Ab jetzt geht es tagelang Richtung Nord durch ein Hochtal, zunächst durch das Flusstal des Tjäktjajåkka beginnend auf etwa 500 Metern Höhe (Bild 34).
Bild 34: [[File:Kungsleden Nord 034.JPG|none|auto]]
Das schöne Wetter ist vorbei und es sieht nach Regen aus. Deshalb schlage ich schon am Nachmittag mein nächstes Lager auf. Bald danach setzt Nieselregen ein und nachts regnet es auch mal kräftiger. Morgens muss ich bei Nieselregen und Sturm das Zelt abbauen, denn ich muss ja weiter, weil es schon tagelang kein Telefonnetz gab und ich mir Sorgen mache, dass meine Frau sich Sorgen macht, weil sie nichts von mir hört. Der Weg steigt langsam aber kontinuierlich weiter an, der Wind kommt genau von hinten, sodass ich hauptsächlich von hinten nass werde und da wieder hauptsächlich der Rucksack, der aber inzwischen eine Regenschutzhaube trägt. Und natürlich muss ich jetzt bei der Nässe wieder die Stiefel anziehen. Wie gut, dass ich von Süd nach Nord wandere, denn so habe ich nicht nur die Sonne im Rücken sondern jetzt sogar den Wind und Regen.
Bild 35: [[File:Kungsleden Nord 035.JPG|none|auto]]
Bild 35 zeigt 3 Km vor Singi einen Wegabzweig zum Kebnekaise, Schwedens höchstem Berg. Im Windschutz der Singistugorna mache ich eine Pause und später, gegen Mittag, schon ziemlich nass, eine etwas längere in der Rasthütte Kuopenjåkka, eine der ganz wenigen kleinen offenen Rasthütten dieser Gegend. Weiter geht es Richtung Sälkastugorna, Bild 36 zeigt eine typische Brücke.
Bild 36: [[File:Kungsleden Nord 036.JPG|none|auto]]
Jetzt treibt mich nicht nur das fehlende Telefonnetz an, sondern auch der Regen. Denn um bei der Nässe nicht auszukühlen, muss ich mich bewegen. Sehr ärgerlich ist es, dass ausgerechnet jetzt, wo ich durch dieses lange und schöne Hochtal ziehe und westlich und vor allem östlich lauter hohe Berge zu bestaunen sind, das Wetter so mies ist, dass ich kaum etwas davon sehen kann. Aber so geht es mir meistens, wenn ich im Gebirge bin, und deswegen ziehen mich Gipfel auch gar nicht an, denn kaum ist man oben, hängt man in den Wolken! Nach langem Marsch in ständigem Regen errichte ich in einer Wind- und Regenpause am späten Nachmittag kurz vor der Sälkastugorna mein Zelt.
Kaum bin ich im Zelt geht es wieder los und mit immer kräftigeren Windböen, immer genau auf die Längsseite des Zeltes mit der Apsis. Das Zelt verbiegt sich unter dieser Windlast abenteuerlich, und ich versuche dann immer bei einer besonders starken Bö mit den Händen die Zeltplane zu stützen. Ich befürchtete, dass die obere Querstange sich verbiegt oder irgendwas an der Zelthaut reißt! Und das bei einem neuen und ziemlich teurem Zelt! So geht das fast die ganze Nacht und ich kann deshalb kaum schlafen. Sehr früh am Morgen in einer Wetterpause baue ich das Zelt ab. Es scheint nichts kaputt gegangen zu sein! Im Regen geht es weiter Richtung Tjäkta, die Wege verwandeln sich immer mehr in Bäche oder sogar Flüsse, Bild 37 gibt vielleicht einen Eindruck davon. Am Tjäkta-Pass ist der Aufstieg vorerst zu Ende, Bild 38 wirft den Blick zurück auf das lange Hochtal, durch das ich gekommen bin. Auf dem Pass steht zum Glück wieder eine kleine offene Rasthütte, in welche ich mich durchnässt und kalt für eine Mittagspause flüchte. Es kommen auch andere klatschnasse Wanderer vorbei.
Bild 37: [[File:Kungsleden Nord 037.JPG|none|auto]] Bild 38: [[File:Kungsleden Nord 038.JPG|none|auto]]
Ich muss weiter, um wieder warm zu werden, aber der Regen hört nicht auf und fliegt weiterhin waagerecht. Der Wind bläst immer stärker, manchmal kann ich mich kaum im Gleichgewicht halten! Da ist ein Zeltaufbau unmöglich! Ich laufe noch weiter als sonst, muss die nächste Stugorna erreichen. Der Weg ist wieder extrem steinig. Etliche Bächlein sind inzwischen zu Flüssen herangewachsen und müssen durchwatet werden. Die Füße sind schließlich klatschnass. Ich erreiche die Alesjaurestugorna, wo ich mich für 430 SEK für eine Nacht einmiete, geht nicht anders, ist eine Premiere für mich, auch mal interessant, so was kennenzulernen. Der nette Hüttenwirt fragt mich, ob ich aus Mannheim sei (?!, siehe Vorwort).
Es gibt ein Hauptgebäude mit Rezeption, Laden, Aufenthaltsraum und Privaträumen. Gleich daneben einen Hubschrauber-Landeplatz. Dann drei weitere Hütten, jeweils mit mehreren Schlafräumen, einer großen Küche mit Gaskochern, Holzofen und mehreren Tischgruppen sowie einem Trockenraum mit einer Gasheizung. Das Trocken-Klo ist nur über einen abschüssigen Weg zu erreichen. Der Weg zum Waschhaus mit Sauna ist noch weiter und abenteuerlicher, geht steil bergab. Das Wasser gibt es wiederum woanders. Das Abwasser hat natürlich auch seinen eigenen Platz. So wie das Holz. Das Wasser-System funktioniert ausschließlich nach dem Kübel-, Eimer- und Schüssel-Prinzip. Und um zu den jeweiligen Örtlichkeiten zu kommen, heißt es also bei Mistwetter wie jetzt immer: ’rein in die Stiefel und ’raus aus den Stiefeln! In den Hütten darf niemand mit Stiefeln ’rumlaufen. Telefonnetz? Fehlanzeige.
Ich darf mir ein freies Bett in einem 10-Bett-Zimmer aussuchen. Also im ungünstigsten Fall 9 Schnarcher! Habe aber wieder Glück, kommen nur 3 weitere Wanderer in das Zimmer und keiner von ihnen schnarcht - schnarchen Wanderer nicht? Am Morgen begrüßt mich mein Bettnachbar, eineinhalb Meter gegenüber, freundlich – ich kann also auch nicht so schlimm geschnarcht haben! Ich frühstücke diesmal ganz gemütlich in der gerade angeheizten Küche bzw. Aufenthaltsraum und lege noch etwas Holz nach. Mein Bettnachbar isst angewärmten Haferbrei und bringt genau wie gestern Abend das Spülwasser nach draußen und kommt mit einem Eimer Frischwasser zurück – guter Mann! Ich hole meine Sachen aus dem Trockenraum und bis auf die Schuhe ist alles schön trocken.
Es geht weiter, immer noch mit Nieselregen aber ohne Sturm, am Westufer des Alesjaure entlang. Ich wäre dem Regen und Wind sicher längst entkommen, wenn es möglich gewesen wäre, dieses ewig lange Hochtal zu verlassen, aber das war bisher unmöglich. Kurz vor dem Abisko Nationalpark geht es endlich richtig bergab, in ein neues tiefer liegendes Tal mit einer Talsohle bei etwa 500 Metern. In diesem Nationalpark ist es nicht erlaubt zu zelten und daher finden sich kurz davor unzählige geeignete Plätze, welche aber alle schon etwas übernutzt sind. Die Auswahl fällt schwer und ich übernachte schließlich kurz hinter einer großen Hängebrücke in der Nähe eines reißenden Bachs. Nachts wird der Regen wieder kräftiger. Der neue Tag beginnt aber sonnig bei 3°. Jetzt beginnt eine hübsche Strecke durch Wald und am See Abiskojaure und schließlich am Fluss Abiskojåkka entlang (Bild 39-42). Es gibt tolle Stromschnellen und Wasserfälle und auf den Steinplatten kann man gut sitzen und rasten. Das Wetter ist noch schön aber kalt.
Bild 39: [[File:Kungsleden Nord 039.JPG|none|auto]] Bild 40: [[File:Kungsleden Nord 040.JPG|none|auto]]
Bild 41: [[File:Kungsleden Nord 041.JPG|none|auto]] Bild 42: [[File:Kungsleden Nord 042.JPG|none|auto]]
Bild 43: [[File:Kungsleden Nord 043.JPG|none|auto]]
Am frühen Nachmittag erreiche ich das Ziel in Abisko, hier am Eingangstor (Bild 43) beginnt oder endet der Kungsleden. Die E10, der Bahnhof und die Touriststation sind ganz in der Nähe. Ich habe nur knapp 10 Tage für die Tour gebraucht! Aber leider den Zug nach Boden gerade eben verpasst, sodass ich hier noch einen Tag bleiben muss. Es gibt endlich wieder ein Telefonnetz und ich gehe zu der großen Touriststation. Die haben freies WLAN für alle Besucher, ich aber kein Netbook oder Smartphone. So leihe ich mir gegen eine kleine Gebühr dort ein Notebook aus und versuche eine Internetbuchung bei der Bahn für die Rückfahrt vorzunehmen. Da ich früher als geplant in Abisko angekommen bin, will ich noch einige Tage zu unserer Eremitage in Småland fahren, bevor ich nach Berlin zurückkehre. Leider kann ich nur den Zug bis Boden buchen, der Nachtzug nach Süden scheint ausgebucht. Au weia, was mach ich denn dann in Boden solange, wie komme ich zurück? Ich schicke mein Ticket per Email an das Touristenbüro und die drucken mir freundlicherweise das E-Ticket aus. Ich habe ein Last-Minute-Ticket gebucht, die gelten nur für Studenten und Pensionäre (für letzteren erkläre ich mich hiermit) und für 24 Stunden. Der Preis für die etwa 400 Km lange Strecke von Abisko nach Boden beträgt nur unglaubliche 160 SEK!
Ich wandere etwas in der Gegend von Abisko herum aber finde keinen geeigneten Biwakplatz. Also gehe ich auf den offiziellen STF-Zeltplatz dort, welcher zwar kaum ebene Flächen in Zeltgröße aufweist, aber immerhin eine sehr heiße Dusche. Dort treffe ich eine sehr sympathische und lebenslustige Deutsche, welche dort ihr winziges Zelt, ähnlich meinem alten, aufgebaut hat. Sie entpuppt sich als Wanderprofi und ich erhalte von ihr diverse Tipps. Sie macht regelmäßig einen kurzen Wanderurlaub mit großem Rucksack und Zelt in dieser Gegend, wobei sie üblicherweise von Frankfurt über Stockholm direkt nach Kiruna fliegt. Von dort sind es zum Beispiel nur etwa 80 Km mit dem Bus nach Nikkaluokta, was ganz dicht am Kebnekaise liegt. Sie erinnert mich auch daran, dass man in dieser Gegend Polarlichter sehen kann – oh je, das hatte ich ja ganz vergessen! Sagt sie doch glatt, dass sie abends immer extra viel Tee trinkt, damit sie nachts noch mal ’raus muss und so eine Chance hat, dieses Naturereignis zu sehen. Ich mache eigentlich das Gegenteil und bin froh, dass ich nachts nicht ’raus muss! Also nehme ich mir vor, diese Nacht mal kurz nach Mitternacht die Nase aus dem Zelt zu strecken. Doch schon kurz vor Mitternacht höre ich eine Stimme: „Herr Nachbar, Herr Nachbar, die Lichter sind da!“ Ich ziehe mich schnell an, weil zu viele Birken die Sicht verdecken und tatsächlich, da sind sie, ich sehe zum ersten mal ’live’ Polarlichter! Leider geht das Spektakel nach 10 Minuten zu Ende und es kommen auch immer mehr Wolken. Meine Versuche dies fotografisch festzuhalten scheitern leider.
Bild 44: [[File:Kungsleden Nord 044.JPG|none|auto]]
Am nächsten Tag steige ich mittags in den “Polar Circle Express“ und fahre nach Boden, siehe auch Bild 44. Dort habe ich gerade wenige Minuten Zeit, mir ein Ticket aus dem Automaten zu holen. Ich bekomme doch noch einen Sitzplatz zum Normaltarif (804 SEK) in dem Nachtzug nach Stockholm, leider keinen Platz mehr im Liegewagen. Jetzt muss ich gut 13 Stunden sitzen! In Stockholm habe ich genügend Zeit, mir ein preisgünstiges “Sista minuten ticket“ für den Schnellzug nach Nässjö aus dem Ticketautomaten zu holen (250 SEK). Nässjö ist eine hübsche kleine Stadt und hat, was selten ist, einen großen Supermarkt in Bahnhofsnähe. Mein Proviant ist zwar noch nicht ganz verbraucht, aber für die Ernährungsumstellung hole ich mir dort noch die gesunde Rapsölbutter “Bregott“ und für den ’Möchte-gern-Vegetarier’, damit meine Hämoglobin-Werte bei der demnächst wieder fälligen Blutspende, zufällig die 100., stimmen, noch eine “Leverpastej“.
In Nässjö steige ich am frühen Nachmittag in den “Krösatågen“, welcher mich direkt zum Bahnhof “Mörlunda Station“ bringt. Die Fahrkarte kann ich hier nur im Zug kaufen (für 134 SEK). Nachdem dieser Bahnhof jahrelang verwaist war, ist es erfreulich, dass diese Bahngesellschaft den Zug hier wieder halten lässt (in Målilla zum Beispiel nicht) und deshalb fahre ich so oft wie möglich jetzt damit, auch wenn es vielleicht preiswertere Busverbindungen gibt. Außerdem ist dieser Zug fast eine Museumsbahn, nur dass die Dieseltriebwagen neu sind, und er fährt durch wunderschöne småländische Dörfer und Landschaften.
Nach 9 Km Fußweg bin ich dann am frühen Abend in meiner Eremitage in Småländ, der perfekte Ort um den Inhalt meines Rucksacks vor dem Kaminofen zu trocknen und diesen Reisebericht zu schreiben.